Bücherreihen in "Bibliothek der verbrannten Bücher" innerhalb der Universitätsbibliothek Augsburg.
picture alliance / dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Virtuelle Ausstellung
Bücher, die den Säuberungen der Nazis entgingen

Die Unibibliothek Augsburg präsentiert eine Büchersammlung der besonderen Art. Die "Bibliothek der verbrannten Bücher" ist nun auch digital nutzbar.

18.04.2022

Vor über 89 Jahren, am 12. April 1933, läutete die Deutsche Studentenschaft mit ihrem Flugblatt "12 Thesen wider den undeutschen Geist" eine landesweite Propaganda-Aktion ein. Als begeisterte Anhänger der neuen Machthaber hetzten die Studierenden gezielt gegen jüdische, linke und andersdenkende Autorinnen und Autoren. "Undeutsche" Literatur sollte aus deutschen Buchhandlungen, Leihbüchereien und Bibliotheken entfernt werden. Die mehrwöchige "Säuberungsaktion" gipfelte symbolträchtig am 10. Mai 1933 in zahlreichen öffentlichen Bücherverbrennungen. Viele Autorinnen und Autoren, deren Werke zum Verbrennen bestimmt wurden, mussten um Leib und Leben fürchten, flohen ins Exil oder fielen dem Holocaust zum Opfer.

Seit dem 12. April 2022 zeigt die Universitätsbibliothek Augsburg nun Beispiele aus Georg P. Salzmanns (1929-2013) "Bibliothek der verbrannten Bücher", wie die Universität Augsburg mitteilt. Die Online-Ausstellung präsentiere die Büchersammlung erstmal im digitalen Raum und mache sie dauerhaft überregional zugänglich. Georg Salzmann hatte jahrzehntelang die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten geächtete und verbotene deutschsprachige Literatur in Erstausgaben gesammelt. Seine Sammlung bewahrt Originale von Werken, die es nach Auffassung der Nationalsozialisten nicht mehr hätte geben sollen.

Die Bibliothek der verbrannten Bücher

Salzmann selbst sei mit der NS-Ideologie aufgewachsen. Nach Kriegsende habe er die verbotene und verbrannte Literatur kennengelernt und in den 1970er Jahren begonnen, die verfemten Werke in Originalausgaben zu sammeln. So kamen laut Mitteilung über 12.000 Bände zusammen, darunter viele seltene Erstausgaben zum Beispiel von Stefan Zweig, Irmgard Keun, Erich Kästner und Franz Werfel. 2009 habe die Universität Augsburg die Privatsammlung mit Unterstützung öffentlicher und privater Geldgeber angekauft. Seitdem mache sie sie Forschenden und Interessierten zugänglich: In einem eigenen Leseraum sind demnach über 8.000 Bände der Sammlung aufgestellt. Rund 630 Bände befänden sich in einem Sondermagazin, weil sie entweder sehr selten oder schlecht erhalten und daher besonders schutzbedürftig seien. Ein Teil der Erstausgaben wurde zudem digitalisiert und ist ebenfalls frei zugänglich.

Die virtuelle Ausstellung bietet neben den Literaturexponaten auch einführendes Wissen zu den NS-Bücherverbrennungen 1933, zum Exil in der NS-Zeit und der deutschsprachigen Exil-Literatur 1933-1945. Ein eingebetteter Dokumentarfilm von 1990 zeigt, wie und warum Georg Salzmann zu den verbrannten Büchern und seiner Sammelpassion fand und begleitet ihn auf seiner "Schatzsuche" nach Erstausgaben.

Die Ausstellung wurde von Dr. Andrea Voß, Fachreferentin für Germanistik an der Universitätsbibliothek Augsburg, geplant, kuratiert und mit Unterstützung externer Beiträgerinnen und Beiträger umgesetzt. Die virtuelle Präsentation richte sich bewusst an Lehrende und Lernende und lade ein, die Exponate zu entdecken. "Und dies," so Voß, "wäre ganz im Sinne von Georg Salzmann."

cpy