Rezension
Corona-Erfahrungen in Echtzeit einordnen
Natürlich sind Virologen, Epidemiologen und Mediziner sowie ihre Forschungsergebnisse in der Corona-Pandemie besonders gefragt. Was aber können die Sozial- und Kulturwissenschaften beisteuern? "Selbstverständlich sollte man zur Lage auch etwas zu sagen haben. Oder? Sollte man?", so beschreibt die Philosophin Petra Gehring ihre erste Reaktion auf die Anfrage des transcript Verlags, einen Beitrag zum geplanten Buch "Die Corona-Gesellschaft" zu verfassen.
Kein Zweifel: Die Erkenntnisse der namhaften Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus diesen Disziplinen, die der transcript Verlag gleich in zwei Neuerscheinungen versammelt hat, sind von großer Bedeutung, da die Coronakrise die Gesellschaft in all ihren Dimensionen betrifft. Mit dem Ziel, "die aktuelle Lage mit wissenschaftlicher Elle zu messen", werden in den Beiträgen der beiden neuen Bücher Geschehnisse rund um die Pandemie analysiert und eingeordnet, und es werden Entwicklungslinien aufgezeigt, die auf eine Zeit nach Corona verweisen.
Hier geht es zum Beispiel um Phänomene, die in der Krise in besonderer Klarheit hervortreten, oder um Transformationsprozesse, die beschleunigt werden. Was kann durch die Coronakrise über die Gesellschaft gelernt werden? Entstehen neue Gräben? Welche Folgen sind für den Arbeitsmarkt zu erwarten? Wird die Pandemie die Weltordnung verändern? Die Vielfalt der Themen, die zur Diskussion gestellt werden, veranschaulicht das Ausmaß der Wirkungen und Nebenwirkungen, die Covid-19 hervorruft.
Die Texte der Philosophen, Sozial-, Wirtschafts- oder Politikwissenschaftler wurden in der ersten Jahreshälfte verfasst und spiegeln die Erfahrungen gewissermaßen "in Echtzeit". Durch die Expertise der Autorinnen und Autoren geben die Beiträge einen fundierten Überblick über neue Fragestellungen und mögliche Lösungsansätze, die sich aus der Perspektive des jeweiligen Fachgebiets ergeben. Angesichts der massiven Veränderungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die die Pandemie zeitigt, sollte die Stimme der Wissenschaft Orientierung bieten – und auch Gehör finden.
