Portraitfoto von Astronaut Dr. Matthias Maurer.
ESA

Raumfahrt
Ein Drachenflug zur ISS

Am Sonntag soll mit Matthias Maurer der nächste Deutsche zur ISS aufbrechen. Seine Mission heißt "Cosmic Kiss" – eine Liebeserklärung an den Kosmos.

30.10.2021

Am Sonntag startet der erste Deutsche seit Alexander Gerst zur Raumstation ISS. Esa-Astronaut Matthias Maurer ist dann der 600. Mensch im Weltraum. Gemeinsam mit seinen drei Nasa-Kollegen Thomas Marshburn, Raja Chari und Kayla Barron soll er am frühen Morgen gegen sieben Uhr deutscher Zeit mit einer "Crew Dragon"-Kapsel der privaten Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral abheben. Er ist dann der erste Deutsche, der nicht mit einer Sojus-Kapsel gestartet ist.

Gemeinsam mit seinen Mitreisenden habe er am Donnerstag zum ersten Mal die auf der Spitze der Rakete aufgerichtete "Crew Dragon"-Kapsel betreten. Eigentlich hätten "Sojus" und "Crew Dragon" vieles gemeinsam. Im "Dragon" fühle man die auf den Körper wirkenden Kräfte beim Start aber deutlich stärker, sagt US-Astronautin Shannon Walker laut Medienberichten. Sie ist bereits in beiden Kapseln geflogen ist. "Man fühlt sich, als ob das Gesicht nach hinten gedrückt wird." Dafür biete "Crew Dragon" mehr Platz.

Astronaut Maurer und sein Aufenthalt auf der ISS

Mit 51 Jahren ist Maurer der älteste deutsche Raumfahrer bei einem Erstflug. Der Mann mit einem Doktortitel in Materialwissenschaft ließ nach seiner Esa-Bewerbung mehr als 8000 Kandidaten hinter sich und trainierte jahrelang für die Reise in die Schwerelosigkeit. "Im Fall der Fälle müssen wir unseren Kolleginnen und Kollegen helfen können", sagt Maurer. "Sehr umfassend" sei die Ausbildung. "Im Extremfall können wir auch eine Zahnfüllung reparieren oder einen Zahn ziehen."

Auf der ISS soll Maurer etwa sechs Monate lang zahlreiche Experimente durchführen und wohl auch einen Außeneinsatz absolvieren. Er will dabei ein guter Botschafter für die Menschen auf der Erde sein. "Wer Interesse am Thema Raumfahrt hat, darf sich auf neue Fotos, Videos und mehr aus dem All freuen", erzählt der gebürtige Saarländer der Deutschen Presse-Agentur. "Da draußen ist so viel, was wir noch nicht erforscht haben und noch nicht verstehen. Und dieses unglaubliche Abenteuer, den Weltraum und alles, was darin vorkommt, zu entdecken, ist einfach faszinierend", sagt Maurer voller Vorfreude auf seine Entdeckermission auf der Raumstation ISS.

Die Raumstation kreist in 400 Kilometern Höhe um die Erde – eine Umrundung in 90 Minuten. Ihr schrittweiser Aufbau begann 1998. Beteiligt sind die USA, Russland, Kanada, Japan und Mitgliedsstaaten der europäischen Raumfahrtagentur Esa. Sie ist seit 2000 dauerhaft bewohnt und gilt als technische Großtat – trotz Mängeln. Das Aus der ISS steht allerdings wohl bevor: Russland hat seinen Ausstieg ab 2025 angekündigt.

Ein Tag auf der ISS

Maurers Tag auf der Raumstation werde aussehen "wie in der Schule", erklärt er: "Wir schauen morgens auf den Stundenplan und sehen, was als Erstes ansteht – normalerweise eine Besprechung. Dann funken wir runter nach Texas, USA, Köln, Russland und Japan, dann wird der Plan besprochen." Die ISS-Besatzung habe eine 5,5-Tage-Woche, da sie auch samstagvormittags arbeite.

"Samstagmittag wird die Station gereinigt, sonntags haben wir Freizeit. Die verbringen wir mit Fotografieren, Videoaufnahmen und mit Telefonaten mit Freunden und der Familie am Boden", sagt Maurer.

Privatkleidung nehme Maurer nicht mit, stattdessen gebe es Standardkleidung. Er habe pro Woche ein T-Shirt, das er dann in der Folgewoche zum Sport trage. "Für meine sechsmonatige Mission habe ich sechs Hosen dabei – eine pro Monat. Da muss man schon aufpassen, dass man sich nicht schmutzig macht", sagt er schmunzelnd. Auf der ISS gebe es keine Waschmaschine. Schmutzwäsche und Ähnliches packe die Besatzung in einen ausgedienten Transporter, der abgedockt wird und verglüht.

Logo der Mission "Cosmic Kiss", das der Himmelsscheibe von Nebra nachempfunden ist.
Das Logo der Mission "Cosmic Kiss" zeigt verschiedene kosmische Elemente wie Erde, Mond und die Sterngruppe der Plejaden. Im Zentrum befindet sich die ISS, die über einen menschlichen Herzschlag mit Erde und Mond verbunden ist. ESA

Die Mission "Cosmic Kiss"

Maurer hat allerdings eine verkleinerte Kopie der Himmelsscheibe von Nebra im Gepäck. Der Astronaut ließ diese mehr als 3.600 Jahre alte erste Darstellung konkreter Himmelsphänomene in die Gestaltung des Logos seiner Mission "Cosmic Kiss" einfließen. Die Himmelsscheibe zeigt Sonne und Mond vor einem Sternenhimmel, der deutlich die Plejaden erkennen lässt, zudem ein Schiff, das über den ‚Himmelsozean‘ fährt. Auf dem Missionslogo, das auch Maurers Raumanzug als Aufnäher ziert, sind ebenfalls verschiedene kosmische Elemente wie Erde, Mond und die Sterngruppe der Plejaden zu sehen – im Zentrum steht aber die ISS, die über einen menschlichen Herzschlag mit Erde und Mond verbunden ist.

"Cosmic Kiss" sei in Maurers Worten eine "Liebeserklärung" an den Kosmos und solle dazu beitragen, viele Menschen auf der Welt für Raumfahrt zu begeistern. Zudem drücke sie die Bedeutung der Raumstation als Bindeglied zwischen den Bewohnern der Erde und dem Weltall aus, aber auch den Wert der partnerschaftlichen Erkundung des Weltraums und des respektvollen und nachhaltigen Umgang mit unserem Heimatplaneten Erde selbst.

Bis zum Start stehen in Cape Canaveral noch zahlreiche Vorbereitungen und Kontrollüberprüfungen an. Zudem geht der Blick immer wieder Richtung Wetter. Zuletzt hätten Regen und Wind das sonst meist sonnige und warme Wetter an der Ostküste Floridas bestimmt, für das Wochenende seien aber günstigere Bedingungen vorhergesagt, wie es heißt. Falls der Start verschoben werden müsse, wäre für Mittwoch ein Nachholtermin geplant, wie die Deutsche Presseagentur berichtet.

Der Fernsehsender phoenix ist live dabei, wenn Maurer ins Weltall startet und sendet am Sonntag ab 4.15 Uhr live vom Raumfahrzentrum auf Cape Canaveral in Florida. Am Montagfrüh, wenn die Raumkapsel "Crew Dragon" nach knapp 22-stündigem Flug an die ISS andocken soll, wird ebenfalls übertragen.

cpy/dpa