bunte Figuren halten sich an der Hand und bilden eine Menschenkette
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Solidarität
Ethikrat warnt vor Konflikten in der Corona-Krise

Der Deutsche Ethikrat setzt in der Corona-Pandemie bei ethischen Konflikten auf Solidarität. Im klinischen Notfall fordert er einheitliches Handeln.

27.03.2020

Der Deutsche Ethikrat warnt in der Corona-Krise vor schwerwiegenden ethischen Entscheidungen. Moralische Güter stünden durch die erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie in Konkurrenz und müssten gerecht abgewägt werden, schreibt der Ethikrat in seiner am Freitag veröffentlichten Ad-hoc-Empfehlung. Dabei setzt er auf Solidarität und Verantwortung.

Der Kernkonflikt bestehe darin, das Gesundheitssystem leistungsfähig zu halten und gleichzeitig die sozialen und ökonomischen Folgen durch die getroffenen Einschränkungen für Bevölkerung und Gesellschaft möglichst gering zu halten. Es solle sorgfältig geprüft werden, "in welchem Ausmaß und wie lange eine Gesellschaft starke Einschränkungen ihres Alltagslebens verkraften kann", heißt es in dem Schreiben. Freiheitsbeschränkungen zum Infektionsschutz müssten kontinuierlich geprüft und möglichst bald schrittweise gelockert werden. Die Kosten der Maßnahmen und möglicher Alternativen sollten konkret berechnet werden.

Im Gesundheitssystem müssen dem Ethikrat zufolge drohende Triage-Situationen, in denen Ärztinnen und Ärzte gezwungen wären zu entscheiden, wer vorrangig behandelt werden soll, weitgehend vermieden werden. Der Staat dürfe nicht vorschreiben, welches Leben in einer Konfliktsituation zu retten sei. Die Verantwortung solle angesichts knapper medizinischer Ressourcen aber auch "keinesfalls allein den einzelnen Ärztinnen und Ärzten aufgebürdet werden". Für den klinischen Ernstfall brauche es daher "einheitliche Handlungsmaximen nach wohlüberlegten, begründeten und transparenten Kriterien". Damit unterstützt der Ethikrat die am Donnerstag vorgestellten ersten Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften.

Die genannten konkreten Einzelmaßnahmen, die der Ethikrat in seinem Schreiben empfiehlt, zielen darauf ab, das Gesundheitssystem besser auszustatten und zu koordinieren, Forschung und Produktion von Impfstoffen und Therapeutika zu fördern sowie effektive epidemiologische Maßnahmen zu identifizieren. Die bestehenden oder drohenden Konflikte durch die Coronavirus-Pandemie sind nach Ansicht des Ethikrats eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gerade schmerzhafte Entscheidungen müsse dabei aber die Politik treffen. Diese dürfe die Entscheidungen nicht an die Wissenschaft delegieren.

ckr