Symbolbild Digitalisierung: Händen werfen sich einen Ball zu, der wie eine Erdkugel gestaltet ist. Hände und Ball stellen Datenströme dar.
mauritius images / Panther Media GmbH / Alamy / Alamy Stock Photos

Digitalisierung
Ethische Prinzipien für eine digitale Welt vorgestellt

Wie kann die Digitalisierung ethischer gestaltet werden? Mit dieser Frage haben sich internationale Forschende beschäftigt und Prinzipien entwickelt.

08.02.2022

Das Internet ist der Schauplatz eines Konflikts unterschiedlicher Interessen und Auffassungen von richtig und falsch. Menschen fühlen sich in einer immer digitaler werdenden Welt abgehängt. In einem Forschungsprojekt haben über 150 Expertinnen und Experten aus aller Welt eine Vision für die Zukunft entwickelt, in der die Wahrung der Menschenrechte im Zentrum der Digitalisierung steht. Die Ergebnisse haben Vertreter des Projekts "Ethik der Digitalisierung – von Prinzipien zu Praktiken"  am Montag Schirmherr Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vorgestellt: Digitalisierung müsse globaler und fairer gestaltet sein und Menschen müssten ermächtigt werden, ihre Rechte online durchzusetzen. Dies trage dazu bei, dass die technologiebasierten Unterschiede zwischen den Menschen auf der Welt weniger werden und das Digitale den Interessen der Allgemeinheit folgt.

Regulierung von KI-basierter Moderation

Während der zweijährigen Projektzeit haben die teilnehmenden Fachleute und Forschenden in mehreren Teilprojekten kritische Aspekte der Digitalisierung bearbeitet. Es ging etwa um Künstliche Intelligenz (KI), die die Betreiber von Socialmedia-Plattformen dazu nutzen, Beiträge  zu moderieren. Durch diese Moderation könne die Meinungsfreiheit gefährdet werden, etwa wenn die KIs Kommentare fälschlicherweise als Hasskommentare einordnen. Die beteiligten Fellows forderten eine verpflichtende Transparenz bei der Vorgehensweise der KIs und eine gesellschaftliche Debatte darüber, wie algorithmische Moderationssysteme arbeiten sollten. Auch seien effektive Beschwerdemechanismen notwendig – bei den Plattformen selbst, aber auch in Form von unabhängigen Ombudspersonen, die die Moderation durch die Plattformen überwachen.

Ein weiteres Teilprojekt thematisierte die digitale Ethik im Kontext der Pandemie, und welchen Einfluss Covid-19 auf den Zugang zu Bildung und Lernorten hatte. Auch Studierende nahmen an dem Austausch teil und äußerten etwa ihre Sorgen um den Datenschutz bei der digitalen Lehre oder um ihre psychische Gesundheit. Die in einem anderen Teilprojekt diskutierte afrikanische Perspektive auf eine Ethik der Digitalisierung sei ein besonders wichtiger Beitrag, wie der Koordinator des Gesamtprojekts Professor Wolfgang Schulz erklärte. In diesem Kontext hätten die Teilnehmenden die sprachliche und kulturelle Heterogenität des Internets thematisiert. Sie seien zu dem Schluss gekommen, dass für Afrika ein lokales Verständnis von Privatsphäre und Datenschutz geprägt werden solle.

Mehr als die geringstmöglichen Standards

Bundespräsident Steinmeier stimmte in seiner Rede den Forschenden zu, dass man für eine globale Ethik der Digitalisierung den Blick über den nationalen Tellerrand hinaus richten müsse. Die Debatte sei wichtig, um einen Wettbewerb über geringstmögliche Standards zu vermeiden. Die Projektvertreter mahnten, dass es gar keine monolithische Ethik geben könne, sondern man unterschiedliche Werte miteinander in Austausch bringen müsse und dazu geeignete Räume bräuchte. Um nah an der sich verändernden Digitalisierung zu bleiben, haben die Forschenden kürzere Formate gewählt, die eine Zusammenarbeit von zwei bis drei Monaten beziehungsweise drei Wochen vorsahen. So konnten sich die Expertinnen und Expertinnen intensiv und zeitnah zu neuen Entwicklungen austauschen und die Entscheider unterstützen.

Zur Implementierung der Erkenntnisse empfahlen die Forschenden, dass Regulierer auf staatlicher oder zwischenstaatlicher Ebene eine verpflichtende ethische Bewertung für alle Produkte einführen sollten, die mit Digitalisierung zusammenhängen. Die Öffentlichkeit solle besser in den Kontakt mit Expertinnen und Experten für Digitalisierung kommen können, um den öffentlichen Diskurs zu beschleunigen. Insgesamt sei das Projekt nicht beendet, es bliebe der Anfang einer ethischen Debatte, die immer auch die technischen Entwicklungen im Auge behalten müsse.

Das Forschungsprojekt wurde vom Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft koordiniert. Außerdem arbeiteten als weitere Projektpartner aus dem Global Network of Internet and Society Research Centers (NoC) das Berkman Klein Center an der Harvard University, der Digital Asia Hub und das Leibniz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut mit. An dem interdisziplinären Projekt beteiligten sich Fellows aus 51 Ländern, darunter viele Expertinnen und Experten aus dem globalen Süden. Unterstützt wurde das Projekt von der Mercator Stiftung. Der Ergebnisbericht der Projekts ist online einsehbar.

cpy