

BMBF
Etwa sieben Prozent der Studierenden denken antisemitisch
Bundesforschungsminister Cem Özdemir hat am 9. April die Ergebnisse der zweiten vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Auftrag gegebenen Schnellbefragung zu Antisemitismus an Hochschulen vorgestellt. Erstmals wurden neben den Studierenden auch Hochschulleitungen befragt. "Die heute veröffentlichte Studie zeigt: Antisemitische Einstellungen haben sich unter Studierenden zwar nicht verstärkt und sind nach wie vor geringer ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung. Sie sind aber weiterhin vorhanden und bleiben ein Problem", betonte Özdemir in einer Pressemitteilung anlässlich der Veröffentlichung der Ergebnisse.
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass etwa sechs bis sieben Prozent der Studierenden antisemitische Einstellungen haben. Antisemitismus ist damit unter Studierenden geringer ausgeprägt als in der Gesamtbevölkerung, wo jede fünfte Person eine "ausgeprägt antisemitische" Haltung zeige. Knapp ein Fünftel der Studierenden stimme der Aussage zu, dass Israel ein Apartheidstaat sei. Über ein Viertel befinde, Israel strebe seit der Staatsgründung eine aggressive Ausdehnung an.
"13 Prozent der Studierenden haben in der aktuellen Befragung antisemitische Vorfälle an ihrer Hochschule wahrgenommen, während in der Befragung im Dezember 2023 elf Prozent davon berichteten", heißt es im Ergebnisbericht. Ungefähr 40 Prozent der befragten 94 Hochschulleitungen hätten angegeben, dass es zu pro-palästinensischen Protesten beziehungsweise antisemitischen Vorfällen gekommen sei. An Universitäten sei dies deutlich häufiger der Fall gewesen als an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW). An fünf der 94 befragten Hochschulen seien Personen aufgrund antisemitischer Vorfälle des Hochschulgeländes verwiesen worden.
Özdemir begrüßt den Einsatz der Hochschulen gegen Antisemitismus
Die große Mehrheit der Hochschulen (85 Prozent) habe laut der Untersuchungsergebnisse Anlaufstellen zur Bekämpfung von Antisemitismus eingerichtet, zwei Drittel würden Informationsveranstaltungen, Diskussionsrunden oder Ausstellungen zum Thema Antisemitismus organisieren. Unter den Studierenden sei die Bekanntheit der Maßnahmen allerdings eher gering ausgeprägt. Der Vergleich der Studierendenbefragung mit der Befragung der Hochschulleitungen zeigt: Die Studierenden unterschätzen die Betroffenheit der Hochschulen durch antisemitische Vorfälle.
Gerade auch an den Hochschulen dürften laut Özdemir Antisemitismus und Israelfeindlichkeit nicht toleriert werden. "Jüdische Studierende und Lehrende müssen sich jederzeit an allen unseren Hochschulen sicher fühlen", fordert der Bundesforschungsminister und stellt anerkennend fest: "Viele Hochschulen sind bereits sehr engagiert im Kampf gegen Antisemitismus."
Für die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) erklärte Vizepräsident Professor Georg Krausch: "Im Rahmen ihrer Autonomie ergreifen die Hochschulen vielfältige Maßnahmen, um aktiv gegen auftretenden Antisemitismus und Israelhass vorzugehen – nicht nur reaktiv, sondern auch präventiv." Die Ergebnisse der Schnellbefragung würden dabei helfen, noch zielgenauer vorzugehen. "Grenzüberschreitungen müssen klar benannt und nachverfolgt werden. Dauerhaft sind aber vor allem die Aufklärung durch Forschung, antisemitismuskritische Bildung und die Weitervermittlung von Diskursstandards die Mittel der Wahl", führte Krausch weiter aus.
Hintergrund der BMBF-Schnellbefragung
Im März 2024 wurden die Ergebnisse der ersten BMBF-geförderten Schnellbefragung zu Antisemitismus an Hochschulen veröffentlicht. Angesichts der Berichte zu antisemitischen Vorfällen an Hochschulen habe das Forschungsteam der Universität Konstanz unter Leitung von Professor Thomas Hinz im Dezember 2024 einen Folgeauftrag des BMBF erhalten. Zudem seien im Rahmen einer von der HRK unterstützen Befragung von Hochschulleitungen erstmals Daten zu antisemitischen Vorfällen und Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus an Hochschulen erhoben worden.
cva