Eine Glastafel mit dem Test von zu Artikel 5 des Grundgesetzes: Recht auf Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Freiheit der Kunst, Wissenschaft, Forschung und Lehre.
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Wissenschaftsfreiheit
EUA fordert Universitäten auf, ihre Freiheit zu schützen

Die europäische Hochschulvereinigung sieht die akademische Freiheit bedroht. Konkrete Handlungsempfehlungen richten sich an alle Beteiligte.

04.02.2025

"Verstöße gegen die akademische Freiheit in Europa sind oft subtil und heimtückisch: übermäßige Regulierungen, zunehmender Einfluss von Top-down-Finanzierungsinstrumenten oder die Unterdrückung unpopulärer Ansichten auf dem Campus." Diese Worte setzt die European University Association (EUA) in ihrem Positionspapier "Wie Universitäten Wissenschaftsfreiheit schützen und unterstützen können" in einen dick umrandeten Infokasten gleich auf die erste Seite. 

Die Universitätsvereinigung betont im Positionspapier, dass akademische Freiheit nicht nur ein hoher Wert, sondern eine Voraussetzung für wissenschaftlichen Fortschritt und gesellschaftliche Entwicklung sei. Sie wolle deshalb in ihrem Papier Strategien und Ideen aufzeigen, wie akademische Freiheit sowohl institutionell und rechtlich verankert als auch praktisch umgesetzt werden kann. 

Auf die Frage, warum die EUA solche Leitlinien gerade jetzt für angebracht hält, erläutert Monika Steinel, stellvertretende Generalsekretärin der EUA, gegenüber "Forschung & Lehre", die akademische Freiheit sei schon immer explizitem und implizitem Druck ausgesetzt gewesen, aber "in den letzten Jahren hat sich dieser Druck in einem gesellschaftlichen und politischen Kontext, der von extremer Polarisierung und der Infragestellung der demokratischen Systeme geprägt ist, noch verstärkt." Zum anderen wolle die EUA die entscheidende Rolle der Universitäten hervorheben. "Zu diesem Zweck schlagen wir eine 'Toolbox' mit konkreten Maßnahmen vor, die Universitäten ergreifen können", führt Steinel aus.

Maßnahmen zum Schutz der akademischen Freiheit 

Die EUA verweist auf eine zunehmende gesellschaftliche und politische Polarisierung, die akademische Institutionen unter Druck setze. Allerdings hätten auf europäischer Ebene gesetzliche und regulatorische Initiativen zur Unterstützung der akademischen Freiheit stark zugenommen. Der europäische Universitätsverbund formuliert in seinem Papier konkrete Handlungsempfehlungen. Damit wolle man Universitätsleitungen, einzelnen Akademikerinnen und Akademikern sowie von Universitätsgemeinschaften in ihrem Bemühen um täglich gelebte akademische Freiheit unterstützen. 

Was Universitätsleitungen tun sollten 

Aufgabe der Universitätsleitungen ist es der EUA zufolge, eine gemeinsame institutionelle Auffassung zur akademischen Freiheit zu entwickeln sowie Schulungen und institutionelle Reflexion zu fördern. Außerdem müsse sie funktionale kollegiale Strukturen sicherstellen und die sinnvolle Beteiligung verschiedener akademischer Gemeinschaften an Entscheidungsprozessen ermöglichen. 

Darüber hinaus gelte es, Forschende und Lehrende vor unangemessenem externen Druck und Einflussnahme zu schützen. Stelle die Leitung eine gemischte Finanzierung sicher, könnte Unabhängigkeit gefördert werden. Forschungspartnerschaften mit Unternehmen dürften nicht zu einer Steuerung von Forschungsergebnissen oder Forschungsfragen führen. Die Universitätsleitung sollte den offenen wissenschaftlichen Diskurs fördern, bei dem auch kontroverse oder unpopuläre Positionen diskutiert werden können. 

EUA 

Die European University Association (EUA) ist eine Vereinigung der Universitäten in Europa. Seit ihrer Gründung 2001 setzt sich die EUA für den Aufbau von Hochschulgemeinschaften in ganz Europa und ein kohärentes System in der europäischen Hochschulbildung und Forschung ein. Sie ist eine Gemeinschaft von über 900 Mitgliedern in 49 europäischen Ländern sowie angeschlossenen Organisationen und Netzwerken.

Schwerpunkt "Wissenschaftsfreiheit"

Wie steht es um die akademische Freiheit? Ausgewählte Artikel über Entwicklungen und Diskussionen zum gesetzlich verankerten Recht finden Sie im Themenschwerpunkt "Wissenschaftsfreiheit".

Verantwortung der akademischen Gemeinschaft 

Jede und jeder im akademischen Wissenschaftsbetrieb sei dazu aufgerufen zu verdeutlichen, warum Freiheit eine notwendige Voraussetzung für das öffentliche Mandat von Universitäten ist, Wissen und Bildung voranzutreiben und gesellschaftliches Engagement zu ermöglichen. 

Jedes Mitglied der Universität sollte sich nach der Vorstellung der EUA aktiv für akademische Freiheit einsetzen, indem es offene und rigorose Debatten in wissenschaftlichen Kontexten fördere. Diskussionen sollten dabei auf wissenschaftlicher Methodik und Argumentation basieren. Akademische Freiheit dürfe nicht als Vorwand für unwissenschaftliche oder unethische Praktiken missbraucht werden. Ethische Fragestellungen und Diskussionen über wissenschaftliche Integrität könnten Teil aller Studiengänge sein. 

Studierende sollten kritisches Denken erlernen und sich an offenen wissenschaftlichen Debatten beteiligen. Studierende und Lehrende könnten wissenschaftliche Erkenntnisse durch populärwissenschaftliche Formate, Social Media oder öffentliche Vorträge einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Akademische Gemeinschaften sollten sich der Bedrohungen für Wissenschaftsfreiheit bewusst sein und aktiv Solidarität mit Forschenden und Studierenden zeigen, deren Freiheit bedroht werde. 

Wie Regierungen die Forschungsfreiheit unterstützen können 

Regierungen und öffentliche Behörden sollten sich jeglicher unangemessenen Einflussnahme auf interne Universitätsangelegenheiten enthalten. Dazu gehöre insbesondere der Schutz der institutionellen Autonomie, also das Recht von Universitäten, ihre eigenen Angelegenheiten unabhängig von politischen oder wirtschaftlichen Interessen zu regeln. 

Man empfehle einen regelmäßigen Austausch: „Öffentliche Behörden sollten sich in einem kontinuierlichen, vertrauensbasierten Dialog mit dem Hochschulsektor engagieren“, heißt es. Wichtig sei zudem, dass Regierungen die Unabhängigkeit von Entscheidungen über Forschungsförderung durch Wissenschaftsräte und Finanzierungsorganisationen sicherstellten und die Vielfalt der geförderten Forschung bewahrten.

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cva