Eine formelle Runde in Anzug und Kostüm steht im Vorraum eines Plenarsaals und diskutiert.
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Nahost-Konflikt
Europäische Unis uneins im Umgang mit israelischer Wissenschaft

An den Hochschulen der EU werden zukünftige Forschungskooperationen mit Israel diskutiert. Belgische Universitäten lehnen die Zusammenarbeit ab.

27.06.2025

"Angesichts der aktuellen, sich dramatisch verschärfenden Lage fordern wir die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten auf, das Assoziierungsabkommen mit Israel auszusetzen", heißt es in einem offenen Brief, der am 23. Juni von den Rektorinnen und Rektoren zehn belgischer Universitäten veröffentlicht wurde. Zeitgleich haben die Außenministerinnen und Außenminister der Europäischen Union über einen internen Bericht des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) diskutiert. Einige Staaten, darunter Spanien und Irland, waren an sanktionierenden Maßnahmen gegen Israel interessiert, berichtet das Onlinemedium Science Business

Der EAD-Bericht war vom Nachrichtenportal euobserver als Leak in Auszügen wenige Tage zuvor veröffentlicht worden. Darin heißt es, es gebe Hinweise darauf, dass Israel seine Menschenrechtsverpflichtungen aus dem Assoziierungsabkommen durch "wahllose Angriffe ... Hungersnot ... Folter ... [und] Apartheid" gegen die palästinensische Bevölkerung verletzen würde. Israel hat den EAD-Bericht als voreingenommen zurückgewiesen, wie verschiedene Medien berichtet haben. 

Thomas Regnier, der Sprecher der EU-Kommission für technische Souveränität, Verteidigung, Raumfahrt und Forschung, sagte auf Anfrage von Science Business, dass es mehrere Mechanismen gebe, um zu verhindern, dass Länder Forschungsgelder erhalten, die gegen das Völkerrecht verstoßen. Die Nichteinhaltung könnte demzufolge Strafen nach sich ziehen. Für übergreifende offizielle Sanktionen wie der Aussetzung der Assoziierung mit dem EU-Förderprogramm Horizont Europa müsste die Kommission entsprechende Vorschläge vorlegen. Diese müssten dann durch eine qualifizierte Mehrheit verabschiedet werden, erläutert Science Business. 

Diskussion in der europäischen Hochschullandschaft 

Die europäischen Hochschulen blicken mit unterschiedlichen Sichtweisen auf die Zukunft internationaler Wissenschaftskooperationen mit Israel. Der spanische Universitätsverband hatte bereits Ende Mai eine Erklärung veröffentlicht, in der er die Blockade des Gazastreifens verurteilt, jedoch keine Sanktionen fordert. 

Am 20. Juni informierte der Vorstand der Universität Amsterdam in einem öffentlichen Statement darüber, dass die Hochschule bis zur finalen Klärung zum offiziellen Umgang mit dem EAD-Bericht vorerst keine neuen Horizon-Europe-Projekte mit israelischen Organisationen eingehen werde: "Sobald die EU die Untersuchungsergebnisse veröffentlicht, werden wir prüfen, wie wir mit Horizon-Europe-Kooperationen mit Israel umgehen. Einzelne Kooperationen zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern können fortgesetzt werden", erläutert die Erklärung die nächsten Schritte. Der Dachverband der niederländischen Universitäten befindet sich laut Science Business noch in der Abstimmung eines gemeinsamen Vorgehens. 

Die zehn belgischen Universitäten betonen in ihrem offenen Brief an die obersten Vertreterinnen und Vertreter der EU, die Verbindlichkeit demokratischer Prinzipien innerhalb des Abkommens mit Israel: "Von den teilnehmenden Organisationen wird gemäß Artikel 14 des Musterabkommens erwartet, dass sie im Einklang mit den ‘höchsten ethischen Standards’ und den Grundwerten der EU handeln – Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte." Würden diese Grundprinzipien systematisch verletzt, müsse dies Konsequenzen haben, da andernfalls europäische Verträge zu leeren Worten würden. 

Die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) sowie die Israelische Akademie der Wissenschaften haben sich wenige Tage zuvor in öffentlichen Stellungnahmen dafür ausgesprochen, dass die EU israelische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen sollte, die aus ihrer Sicht die liberale Demokratie und den Dialog verteidigten. Mehr denn je brauche die israelische Wissenschaft Freundschaft und Hilfe.

cva