

Rezension
Forschung für die Zukunft
Wie entstehen Zukunftswelten? Dieser Frage ist Patrick Cramer vor seinem Amtsantritt als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft im Juni 2023 nachgegangen und hat sich auf die Reise zu den 84 Max-Planck-Institutionen begeben, um Einblicke in die Zukunftsthemen zu gewinnen, an denen die etwa 24.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 100 Ländern forschen. Seine Eindrücke und Erlebnisse hat er zu einem Reisebericht zusammengefasst, in dem er keinesfalls die Forschung der gesamten Max-Planck-Gesellschaft abbilden, sondern nur "beispielhaft Einsichten in die faszinierende Welt der Wissenschaft" bieten möchte. Bei den behandelten Themen habe er den "Wissensstand des Forschungsfelds mitberücksichtigt und auch Forschungsergebnisse hinzugenommen, die nicht in der Max-Planck-Gesellschaft entstanden" seien.
In den 17 Kapiteln des Buches kommen die großen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, zur Sprache, wie etwa der Klimawandel und der Verlust an Biodiversität, durch die sich dramatische Folgen für die Menschen abzeichnen. Patrick Cramer berichtet dazu über die Forschung an Max-Planck-Instituten (MPI), die darauf gerichtet ist, die Zusammenhänge zwischen dem menschlichen Verhalten, und den planetaren Veränderungen und die komplexen ökologischen Systeme besser zu verstehen. Auch die globalen Herausforderungen, unter anderem durch die Digitalisierung oder die Migration mit ihren Auswirkungen auf das Zusammenleben der Menschen, sind Forschungsthemen an MPI, die Patrick Cramer auf seiner Reise besucht hat. Ob es um die zukünftige Energiegewinnung durch Wasserstoff oder Kernfusion geht, um eine grüne Chemie oder die Medizin von morgen, um den gesellschaftlichen Wandel oder das Lernen, zu den einzelnen Themen des Buches wird jeweils an mehreren MPI geforscht.
Zusammenarbeit in der Forschung
Wie sehr verschiedene Forschungsfelder ineinandergreifen und sich gegenseitig beflügeln, verdeutlicht Patrick Cramer durch häufige Querverweise auf die Forschungsansätze unterschiedlicher Institute, zum Beispiel wenn er im Kapitel über Roboter und künstliche Intelligenz schildert, dass bei den Forschungen am MPI für Intelligente Systeme mithilfe von maschinellem Lernen Exoplaneten entdeckt worden seien, wovon die Astrophysik profitieren könne. Mehrfach hebt er hervor, wie wichtig generell die Zusammenarbeit in der Forschung sei. Wissenschaftlicher Fortschritt beruhe nicht zuletzt auf Handwerks- und Ingenieurskunst, die Präzisionsinstrumente und große Versuchsanlagen hervorbringen könnten, ohne die herausragende Experimente nicht möglich seien. Auch zeige sich immer wieder, dass sich Grundlagenforschung und angewandte Forschung nicht trennen ließen. Wichtig sei insbesondere die internationale Zusammenarbeit in der Wissenschaft. Es müsse gelingen, die besten Köpfe weltweit für die Forschung hierzulande zu gewinnen.
Patrick Cramer, der vor seiner Zeit als Präsident der Max-Planck-Gesellschaft erst Direktor des MPI für biophysikalische Chemie und anschließend Direktor des MPI für Multidisziplinäre Naturwissenschaften war, beschreibt an vielen Stellen, wie ihn Forschungsergebnisse, die ihm auf seiner Reise vorgestellt worden seien, erstaunt, fasziniert oder gar ergriffen hätten. Diese hätten ihm so manches Mal die Sprache verschlagen. Seine Begeisterung für die Welt der Wissenschaft spricht aus jeder Seite des Buches. So gewinnt auch der Leser nicht nur eine Übersicht über die aktuelle Forschungslandschaft, sondern gerät ins Staunen über die Möglichkeiten, die sich aus der Forschung für die Zukunft abzeichnen.
Patrick Cramer: Zukunftswelten. Meine Reise zur Wissenschaft von morgen. Verlag S. Fischer 2024.
30 Jahre bei "Forschung & Lehre"
Es rezensierte Ina Lohaus, die insgesamt 30 Jahre für "Forschung & Lehre" tätig war und sich kürzlich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet hat. Die Redaktion bedankt sich für unzählige Rezensionen, den Blick fürs Detail und vieles mehr.