Forscherteam liegt am Abend auf dem Boden in der Wüste
privat

Hitzewelle
"Höcker können wir uns leider nicht wachsen lassen"

Die Temperaturen in Deutschland lassen Wüstenforscher Dr. Stefan Kröpelin kalt. Seine Expeditionen stellen ihn vor ganz andere Herausforderungen.

Von Katrin Schmermund 26.07.2019

Forschung & Lehre: Herr Kröpelin, über unsere aktuellen Hitzeleiden können Sie wohl nur lachen. Bei mehr als 50 Grad forschen Sie als Geologe oft mehrere Monate mitten in der Wüste. Zu heiß wird es Ihnen scheinbar so schnell nicht?

Stefan Kröpelin: Ich finde es schon auch warm, aber ich mag die Wärme. Sonst wäre ich in meinem Beruf auch falsch. Allerdings muss ich sagen, dass die trockenen 40 Grad plus in der Wüste oft angenehmer sind, als die vergleichsweise feuchten 30 Grad plus in Deutschland. Am angenehmsten ist es in der Wüste, wenn kühler Wind aus dem Norden weht. Ist es dagegen windstill oder kommt der Wind aus dem Süden, kann es unerträglich werden.

F&L: Wie schützen Sie sich bei extremer Hitze – einen klimatisierten Ort dürften Sie wohl eher nicht finden…

Stefan Kröpelin: Für mich ist die Rettung ein Fels, der ab und an irgendwo auftaucht. In dessen Schatten drückt man sich dann so eng wie man nur kann. Höhlen sind noch besser, aber selten – da spielt es auch keine Rolle mehr, ob sich darin eine Schlange verstecken könnte. Die Prioritäten verlagern sich. Manchmal legen wir uns auch unter die Autos, mit denen wir unterwegs sind. Wenn die Motoren noch warm sind, ist das allerdings auch nicht die beste Lösung. Dann ist zwar der Körper vor der direkten Sonneneinstrahlung geschützt, aber es schlägt einem die Hitze des Metalls entgegen.

Stefan Kröpelin in der Wüste
Kopfbedeckung und luftdurchlässige Kleidung sind in der Wüste ein absolutes Muss für den Geologen Dr. Stefan Kröpelin. privat
Forscherteam sucht Schatten unter Autos in der Wüste
Schatten bieten seinem Team und ihm oft nur die eigenen Autos. privat

F&L: Tiere haben oft die besten Tricks. Was können wir uns von Vertretern aus der Wüste abschauen?

Stefan Kröpelin: Höcker, die vor der Sonne schützen, können wir uns leider nicht wachsen lassen. Da haben uns Kamele einfach etwas voraus; natürlich auch, weil sie so viel Wasser speichern können. Orientieren könnten sich Menschen aber stärker an dem Biorhythmus der Tiere. Viele Tiere sind frühmorgens und spätabends aktiv. In südlichen Ländern war die "Siesta" mal sehr typisch. Diese Ruhezeit in den heißen Mittagsstunden kommt dem zumindest nahe, aber in unserem modernen Arbeitsleben ist sie immer stärker verloren gegangen. Es ist unglaublich, wie Menschen in Ägypten, Tschad oder Sudan bei den dort extremen Temperaturen ihren Alltag meistern – insbesondere, weil es dort auch nachts kaum abkühlt.

F&L: Auf welche Kleidung setzen Sie, um sich gegen die Hitze zu wappnen?

Stefan Kröpelin: Gerne trage ich lockere Kleidung aus Baumwolle oder Leinen. Dabei sollte man darauf achten, dass der Stoff nicht bearbeitet und luftdurchlässig gewebt ist. Ganz wichtig ist die Kopfbedeckung. Ich wickele mir oft einen Turban um. Hat man die Möglichkeit, sich darüber noch etwas Wasser zu schütten, ist das ein wahrer Genuss – der allerdings nur für wenige Minuten anhält. In Deutschland tut es vielleicht auch der Hut oder eine Kappe.

F&L: Mit dem Appetit ist es in der prallen Sonne so eine Sache – was essen Sie während Ihrer Expeditionen?

Stefan Kröpelin: Wir können nur sehr wenig Frisches mitnehmen und vieles fällt weg, weil es sofort verderben würde. Oft essen wir zum Beispiel getrocknete Datteln. Die sind super, weil sie sehr nährstoffreich sind, man lange etwas im Mund hat und sie die Speichelbildung anregen. In der Wüste hat man fast immer einen trockenen Mund. Ein Luxus sind Grapefruits. Die sind nicht nur erfrischend, sondern lassen sich auch mehrere Wochen lagern. Bananen halten sich nur Stunden.

"Selbst Wasser aus verdreckten Brunnen schmeckt wie Champagner, wenn man Durst hat." Stefan Kröpelin

F&L: Nehmen Sie spezielle Getränke mit?

Stefan Kröpelin: Wir trinken fast nur Wasser und Tee. Pro Person haben wir täglich circa fünf Liter Wasser zur Verfügung. Das ist nicht viel. Wenn es richtig heiß wird, trinkt man einen Liter und könnte direkt die nächste Flasche ansetzen. Außerdem müssen wir uns von unserer Ration natürlich auch noch waschen. Zum Glück ist dies nicht so oft erforderlich – der Schweiß verdunstet ja direkt.

F&L: Mit Erfrischung hat das heiße Wasser auch eher nichts zu tun…

Stefan Kröpelin: In Deutschland würde ich es nicht trinken. Das liegt aber gar nicht mal an der Temperatur, sondern vor allem daran, dass es oft in Behältern lagert, in denen früher auch schon mal Diesel oder ähnliches war. Dazu kommen die Desinfektionsmittel. In der Wüste ist es aber ein Segen. Selbst Wasser aus verdreckten Brunnen schmeckt wie Champagner, wenn man Durst hat. Und wenn das Wasser auf langen Fußmärschen oder Bergbesteigungen knapp wird, würde man für einen Liter Wasser auch 1.000 Euro zahlen.