Passanten in einer Fußgängerzone mit Weihnachtsbeleuchtung in München
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Wissenschaftsbarometer 2022
Hohes Vertrauen in Wissenschaft und Forschung hält an

Die Forschung sollte sich am dringlichsten mit "Klima und Energie" befassen, finden die Deutschen. Insgesamt verlassen sie sich auf die Wissenschaft.

08.12.2022

Das Vertrauen der Deutschen in Wissenschaft und Forschung ist ungebrochen hoch: 62 Prozent der Deutschen geben an, dass sie Wissenschaft und Forschung eher oder voll und ganz vertrauen. Zum Vergleich: Im Herbst 2021 waren es 61 Prozent; im Herbst 2020 60 Prozent. Das geht aus aktuellen Daten des "Wissenschaftsbarometers 2022" hervor, einer bevölkerungsrepräsentativen Umfrage von Wissenschaft im Dialog (WiD), deren Ergebnisse die gemeinnützige Organisation am Donnerstag vorgestellt hat. Auch das Interesse der Bevölkerung an Wissenschaft bleibt demnach stabil. Mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) zeigte eher großes oder sehr großes Interesse an Wissenschaft und Forschung.

Aus gegebenem Anlass ermittelte die Umfrage auch die Einstellung der Bevölkerung zur Energieversorgung. Demnach vertrauen 61 Prozent der Befragten aktuell "eher oder voll und ganz" den Aussagen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu Fragen der Energieversorgung in Deutschland. Damit lägen diese Vertrauenswerte deutlich über jenen für Vertreter von Unternehmen und Industrie (22 Prozent), Verwandten, Bekannten und Freunden (19 Prozent), Vertretern von Behörden und Ämtern (19 Prozent), Journalisten (18 Prozent) und Politikern (13 Prozent).

Nach den Gründen für ihr Vertrauen in Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gefragt, nannten 67 Prozent deren Expertise in ihrem Forschungsfeld. 60 Prozent waren der Ansicht, dass das wissenschaftliche Arbeiten nach Regeln und Standards ein Vertrauensgrund ist. 49 Prozent stimmten zu, dass man den Forschenden vertrauen kann, weil sie im Interesse der Öffentlichkeit arbeiten. Allerdings fand die Bevölkerung auch weiterhin Anlass zu Misstrauen: Unter allen abgefragten Misstrauensgründen fand die starke Abhängigkeit von Geldgebern mit 56 Prozent die meiste Zustimmung unter den Bürgerinnen und Bürgern. Die Zustimmungswerte der beiden Vorjahre lagen jeweils in ähnlichen Größenordnungen.

Vertrauen in Forschende an Erwartungen geknüpft

"Das Vertrauen in die Wissenschaft liegt im dritten Pandemiejahr noch immer über dem Niveau der Jahre vor Corona", bilanzierte WiD-Geschäftsführer Christian Kleinert. Ebenfalls hoch seien allerdings die Erwartungen an die Forschenden. So waren 74 Prozent der Befragten der Meinung, dass es wichtig oder sehr wichtig ist, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu den Ergebnissen ihrer eigenen Forschung kommunizieren. 71 Prozent halten dies auch bezüglich der Ergebnisse von Forschenden aus demselben Themenbereich für relevant. Ähnlich viele Befragte (69 Prozent) finden es (sehr) wichtig, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich zu den von ihnen verwendeten Methoden äußern.

Auch gegenüber der Politik erwarten die Bürgerinnen und Bürger von den Forschenden, dass sie den Mund aufmachen. 79 Prozent der Befragten stimmten "eher oder voll und ganz" zu, dass sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler öffentlich äußern sollten, wenn politische Entscheidungen Forschungsergebnisse nicht berücksichtigen. Dass politische Entscheidungen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen sollten, fanden aber nur 69 Prozent der Befragten. Uneins sind sich die Deutschen, ob es Aufgabe der Wissenschaft ist, sich in die Politik einzumischen. Hier stimmten 50 Prozent der Befragten dagegen – mehr Menschen als in der letzten Erhebung.

Bei der Frage nach dem Bereich, in dem zukünftig am intensivsten Forschung betrieben werden sollte, wählten die Befragten mit 51 Prozent am häufigsten "Klima und Energie". Das ist eine deutliche Steigerung zu früheren Erhebungen (2019: 41 Prozent; 2016: 35 Prozent). Damit überholt der Bereich "Klima und Energie" den ehemaligen Favoriten "Gesundheit und Ernährung", den nur noch 28 Prozent nannten – deutlich weniger als in Vorjahren (2019: 39 Prozent; 2016: 42 Prozent).

Mit der Meinungsumfrage ermittelt WiD seit 2014 regelmäßig die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu Wissenschaft und Forschung. Förderer und Unterstützer des Projekts sind die Robert Bosch Stiftung und die Fraunhofer-Gesellschaft. Die Ergebnisse des diesjährigen Wissenschaftsbarometers basieren auf 1.037 Telefoninterviews, die Ende September von dem Marktforschungsinstitut Kantar im Auftrag von WiD geführt wurden.

ckr