Muslimische Frauen sitzen in Deutschland an einem Cafétisch, trinken Pepsi und rauchen. Zwei von ihnen tragen ein Kopftuch.
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Religion und Integration
Keine explizite Abgrenzung

Musliminnen und Muslime gehören zu Deutschland. Eine neue Studie liefert Zahlen und Einblicke in ihren Alltag und ihr Selbstverständnis.

30.04.2021

In Deutschland leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen muslimische Religionsangehörige mit Migrationshintergrund in einem muslimisch geprägten Herkunftsland. Die meisten von ihnen stammen aus der Türkei oder haben türkische Vorfahren, wie eine aktuelle Studie des Forschungszentrums Migration, Integration und Asyl des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge im Auftrag der Deutschen Islam Konferenz (DIK) ermittelt hat.

Religion im Alltag

Die Musliminnen und Muslime geben mit großer Mehrheit an, gläubig oder sehr gläubig zu sein. Damit sind die gläubiger als Menschen ohne Migrationshintergrund, aber ebenso gläubig wie andersgläubige Personen mit Migrationshintergrund.

Die Religion gehört der Studie zufolge zum Alltag: 70 Prozent der Musliminnen und Muslime halten demnach die religiösen Vorschriften zu Speisen und Getränken ein, 39 Prozent beten täglich. Daneben geben aber auch 25 Prozent der Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland an, nie zu beten oder zu fasten.

Die meisten Musliminnen tragen laut der Studie kein Kopftuch, wobei sich dies zwischen den Altersgruppen unterscheide. Während unter den 16- bis 25-jährigen Frauen nur jede Vierte antwortete, dass sie ihre Haare bedecke, trügen 26- bis 45-jährige Musliminnen zu ungefähr 40 Prozent ein Kopftuch. Bei den Frauen muslimischen Glaubens über 66 Jahren läge der Prozentsatz bei knapp 62 Prozent. Sowohl für das Tragen, als auch das Nicht-Tragen eines Kopftuches würden selbstmotivierte Gründe angegeben, heißt es in der Studie.

Integration durch Sprache, Bildung und Kontakte

Der Großteil der muslimischen Religionsangehörigen attestiere sich selbst gute oder sehr gute Deutschkenntnisse (79 Prozent). Weniger gute Deutschkenntnisse bringt die Studie mit einer kurzen Aufenthaltsdauer in Deutschland in Verbindung.

Das schulische Bildungsniveau der über-16-jährigen muslimischen Religionsangehörigen sei oft schlechter als bei Personen ohne Migrationshintergrund. Vor allem der Anteil der Personen ohne Schulabschluss sei höher. Dabei spielten Fluchterfahrung und als Resultat abgebrochene Bildungswege eine zentrale Rolle. Bei in Deutschland geborenen Musliminnen und Muslimen sei ein Bildungsaufstieg erkennbar.

Um sich der Integration muslimischer Menschen in Deutschland anzunähern, verweisen die Autorinnen neben der Sprache und dem Bildungsniveau auch auf die Angaben der Befragten zu ihren Kontakten zu Menschen ohne Migrationshintergrund. Knapp zwei Drittel der Musliminnen und Muslime habe angegeben, im Freundeskreis häufig Kontakt zu diesen zu haben. Muslimische Religionsangehörige mit weniger sozialen Kontakten zeigten einen starken Wunsch nach häufigeren Kontakten zu Personen ohne Migrationshintergrund, sodass insgesamt betrachtet eine hohe Offenheit erkennbar sei. Eine Abgrenzungstendenz könne, wie schon in der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2008, "nicht festgestellt werden". Die Studie urteilt, dass der Einfluss der Religion auf die Integration häufig überschätzt werde.

Zur Methodik der Befragung

Für die bundesweite Repräsentativbefragung wurden zwischen Juli 2019 und März 2020 mittels eines standardisierten Fragebogens 4.538 Menschen aus muslimisch geprägten Herkunftsländern interviewt. Darunter waren muslimische und andersgläubige Menschen, sowie Menschen ohne Religionszugehörigkeit, um die jeweiligen Ergebnisse einordbar zu machen. Zu Vergleichszwecken wurden außerdem Interviews mit 582 Personen ohne Migrationshintergrund geführt.

cpy