zwei Wissenschaftlerinnen unterhalten sich im Labor über eine Publikation gebeugt
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Geschlechterverhältnis
Mehr Frauen in der Forschung

Der Frauenanteil in der Wissenschaft nimmt weltweit zu. Die Gender-Lücke schließt sich aber nur langsam, wie ein Report zeigt.

05.03.2020

Der "Gender Gap" in der Wissenschaft ist in den vergangenen Jahren kleiner geworden, vor allem bei jungen Forschenden. Auch bei Publikationen näherte sich das Verhältnis von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern weiter an. Gleichzeitig sind für die Gleichstellung der Geschlechter in vielen Ländern noch weitere Anstrengungen nötig. Das geht aus einem Bericht des Wissenschaftsverlags Elsevier hervor, für den das Unternehmen die Geschlechterunterschiede in der Wissenschaft anhand von Forschungs- und Publikationsdaten weltweit ausgewertet hat.

Demnach stieg der Anteil der forschenden und publizierenden Wissenschaftlerinnen in allen untersuchten Ländern und Regionen, vor allem unter den Jüngeren. Die Zahl der Männer in der Forschung sei jedoch in allen untersuchten Ländern nach wie vor höher, mit Ausnahme von Argentinien (51 Prozent Forscherinnen). In den meisten Ländern publizierten Frauen am wenigsten in den physikalisch-mathematischen Fächern und am meisten in den Lebens- und Gesundheitswissenschaften.

In Deutschland lag das Verhältnis zwischen publizierenden Autorinnen und Autoren dem Bericht zufolge im untersuchten Zeitraum bei rund 0,47. Dieser Wert habe sich verglichen mit der Dekade zuvor (0,26) zwar verbessert, liege aber noch unter dem EU-Durchschnitt von 0,63 sowie unter dem angestrebten paritätischen Wert von 1,0. Im internationalen Vergleich gehöre Deutschland hier zu den Schlusslichtern. Das geringste Verhältnis bei Autorenschaften habe Japan mit 0,18. Parität herrscht laut Bericht nur in Argentinien mit einem Wert von 1,04.

Forscher immer noch präsenter als Forscherinnen

Sowohl Männer als auch Frauen arbeiteten bevorzugt mit Autoren desselben Geschlechts zusammen, wobei Männer tendenziell mehr Koautoren hätten als Frauen, heißt es in dem Bericht. Generell seien Männer in der Forschung international präsenter als Frauen – durch mehr und häufiger zitierte Publikationen, mehr Erst- und Letztautorenschaften sowie mehr Stipendien. Insbesondere bei Patenten sind Frauen in allen untersuchten Ländern deutlich unterrepräsentiert – im EU-Schnitt kommen zwölf Erfinderinnen auf 100 Erfinder, in Deutschland sind es sechs Erfinderinnen.

Wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die bestehenden geschlechterspezifischen Unterschiede wahrnehmen, hängt einer Umfrage des Berichts zufolge maßgeblich davon ab, wie gerecht sie das Wissenschaftssystem insgesamt empfinden und für wie wichtig sie Geschlechtervielfalt in der Wissenschaft halten. Die Ursache der Ungleichheiten sieht eine Gruppe der Befragten (aus Männern und Frauen) demnach in der mangelnden Unterstützung der Frauen im Wissenschaftssystem, eine andere Gruppe in mangelndem Engagement der Frauen. Familiäre Verpflichtungen sahen alle der rund 1.200 für den Report befragten Forschenden als Karrierehindernis an, für Frauen wie Männer.

Für die Studie hat das Unternehmen zusammen mit internationalen Experten Daten aus der "Scopus" Datenbank von Elsevier ausgewertet. Diese umfasst über 75 Millionen Publikationen und rund 16 Millionen Autorenprofile. Der Report beschränkt sich auf die Daten aus den 28 EU-Ländern und insgesamt 15 Ländern in Amerika, Asien und Australien. Dabei wurden die Daten aus dem Zeitraum 2014 bis 2018 jeweils mit der Dekade zuvor (1999 bis 2003) verglichen.

Nach Berichten von 2015 und 2017 ist der aktuelle Gender-Report bereits der dritte von Elsevier. Um die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben, hat das Unternehmen am Donnerstag die Gründung eines "Inclusion & Diversity Advisory Boards" angekündigt. Dessen Beirat solle die Geschlechtergerechtigkeit bei der Forschungsförderung, im Peer Review-Prozess, bei Publikationen und der Karriereentwicklung in der Forschung fördern.

ckr