Buchtipps Teil 2
Noch mehr Lesefutter für die Feiertage
Alexandra Niessen-Ruenzi empfiehlt: Alexis Ragougneau: Opus 77, Unionsverlag Zürich 2022.
Das Buch "Opus 77" von Alexis Ragougneau beeindruckt mich vor allem durch die gelungene Übersetzung von Musik in Sprache. Die Geschichte einer Musikerfamilie wird entlang der Satzbezeichnungen des Opus 77 von Schostakowitsch erzählt, wobei Tempi und Stimmungen der Buchkapitel der zugrunde liegenden Musik entsprechen.
Behandelt wird das immer wieder aktuelle Thema der Machtgefälle. Diese werden sowohl innerhalb der Familie – verkörpert durch den im Hinblick auf seine Kinder überehrgeizigen Vater – als auch im professionellen Musikbetrieb eindrucksvoll und präzise geschildert. Ein Buch, das nachdenklich stimmt und lange nachklingt.
Norbert Donner-Banzhoff empfiehlt: Frieder Vogelmann: Umkämpfte Wissenschaften – zwischen Idealisierung und Verachtung, Reclam Verlag Stuttgart 2023 (Reihe "Was bedeutet das alles").
Wofür genau sind wir damals beim "March for Science" auf die Straße gegangen? Für Fakten? Für Wahrheit? Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissen wir, dass das nicht so einfach ist. "Wissen" setzt Instrumente voraus, Interpretation und Kooperation. Ist das schon Konstruktivismus, der doch daran schuld ist, dass Wissen relativiert wird, dass die Schwurbler und Leugner triumphieren? Der ewige Verweis auf Herrn Popper wirkt etwas abgenutzt, und der Forschungsalltag sieht sowieso ganz anders aus.
Wenn einen dies umtreibt, ist es Zeit für dieses kluge Bändchen. Der Autor, Erkenntnisphilosoph in Freiburg, verbindet die aktuellen Debatten mit einer griffigen Einführung in den aktuellen Stand der Wissenschaftsphilosophie.
Matthias Glaubrecht empfiehlt: Andrew Moore: The Decarbonization Delusion. What 3.5 billion years of biological sustainability can teach us, Oxford University Press, Oxford 2023.
Fossile Brennstoffe haben in den vergangenen Jahrhunderten unsere Geschichte und Wirtschaft ebenso geprägt, wie sie die Geo- und Biosphäre unseres Planeten nachhaltig verändert haben. Höchste Zeit, dass wir aufhören, noch mehr Kohlenstoff zu emittieren, um die globale Temperatur nicht noch weiter zu erhöhen als die ohnehin erreichten +1,5° Celsius.
Wie schwierig – um nicht zu sagen: unmöglich – eine weitgehende Dekarbonisierung unserer Wirtschaft und Lebensweise indes wird, legt der Biochemiker Andrew Moore in nachdenklich machender Weise dar.
Rainer Forst empfiehlt: Jürgen Habermas: "Es musste etwas besser werden …", Gespräche mit Stefan Müller-Doohm und Roman Yos, Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 2024.
Wer nach einem persönlich-lebendigen, werkgeschichtlich umfassenden und präzisen Zugang zu dem Werk von Jürgen Habermas sucht, sollte zu diesem Buch greifen. Im Gespräch lässt Habermas die wichtigsten Stationen und Personen seines Werdegangs Revue passieren – vom Studium in der Nachkriegszeit über die frühen, bewegten Jahre in Frankfurt, die Zeit am Max-Planck-Institut in Starnberg bis zur Rückkehr nach Frankfurt.
So entsteht das plastische Bild eines komplexen Denkens, das nicht nachlässt in dem Versuch, inmitten historischer und gesellschaftlicher Irrationalität die Potenziale der kommunikativen Vernunft zu verorten, auf die Habermas' kritische Theorie setzt. Das Buch bietet zugleich ein intellektuelles Profil philosophischer und sozialwissenschaftlicher Forschung in der Bundesrepublik aus der Sicht ihres renommiertesten Vertreters.
Diese Buchempfehlungen sind zuerst in der Dezember-Ausgabe von Forschung & Lehre erschienen.
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