Person auf Zeiger einer übergroßen Stoppuhr, Illustration
mauritius images / Ikon Images

Zeitmessung
Schaltsekunde soll abgeschafft werden

Die Internationale Generalkonferenz für Maß und Gewicht will die Schaltsekunde abschaffen. Außerdem bekommen extreme Zahlen neue Namen.

23.11.2022

Auf das Einfügen von Schaltsekunden soll nach Beschluss einer internationalen Konferenz künftig verzichtet werden. Zusätzliche oder abzuziehende Sekunden, um Uhren mit der astronomischen Zeit in Einklang zu bringen, sollen ab 2035 nicht mehr wie bisher berücksichtigt werden, entschied die Internationale Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) im französischen Versailles vergangene Woche.

Die auf der Messung von Atomuhren basierende Koordinierte Weltzeit (UTC) und die durch die Erdrotation bestimmte astronomische Zeit (UT1, Universalzeit) dürfen damit künftig um mehr als eine Sekunde voneinander abweichen. Seit 1972 wurde bisher jedes Mal, wenn beide Zeitsysteme um mehr als 0,9 Sekunden voneinander abwichen, eine Schaltsekunde zur UTC hinzugefügt, zuletzt Ende 2016.

In manchen digitalen Systemen etwa für Finanzwelt und Satellitennavigation kann dies allerdings zu Problemen führen. Mehrere Technologieunternehmen fordern darum die Abschaffung von Schaltsekunden – andere hingegen befürworten die Beibehaltung, weil die Schaltsekunden fester Bestandteil ihrer Systeme sind.

Atomare und astronomische Zeitmessung sollen stärker voneinander abweichen dürfen

Die CGPM schlägt vor, mindestens ein Jahrhundert lang keine Schaltsekunden zu berücksichtigen, so dass UTC und UT1 um etwa eine Minute aus dem Gleichlauf geraten. Darüber soll nun mit anderen Organisationen beraten werden, die Entscheidung für eine neue Obergrenze soll bis 2026 fallen, wie es beim Portal "Nature News" hieß.

Die Erde dreht sich zwar in 24 Stunden einmal um sich selbst, brauchte ganz genau betrachtet jedoch für jede Umdrehung ein winziges bisschen länger. Damit die Atomuhren, die weltweit die Zeit vorgeben, auch auf sehr lange Sicht parallel zum Tag-Nacht-Rhythmus der Erdrotation liefen, wurde diese kleine Ungenauigkeit hin und wieder ausgeglichen.

Langfristig verlangsamt sich die Erdrotation aufgrund der Anziehungskraft des Mondes immer mehr – im Jahr 2020 allerdings hatte sie sich entgegen dieses Trends beschleunigt. Dies könnte abhängig von Einflüssen wie Erdbeben und Klima weiterhin passieren – ob eine dann nötige Kürzung der Weltzeit um eine Sekunde aber technisch gut machbar wäre, ist unklar. Eine Minus-Schaltsekunde gab es bisher noch nie.

Extrem große und kleine Zahlen erhalten neue Vorsilben

Die CGPM, die auch für das Internationale Einheitensystem (SI) zuständig ist, beschloss zudem vier neue Präfixe für sehr große beziehungsweise sehr kleine Zahlen: Ronna (10 hoch 27) und Ronto (10 hoch minus 27) sowie Quetta (10 hoch 30) und Quekto (10 hoch minus 30). Sie sind ab sofort gültig und werden mit R beziehungsweise r und Q beziehungsweise q abgekürzt. Als Beispiel nannte "Nature News" das Gewicht der Erde – etwa ein Ronnagramm – und die Masse eines Elektrons – etwa ein Quektogramm. Hintergrund der Einführung sei die zunehmende Datenmenge weltweit: Bereits in den 2030er Jahren werde die Welt jährlich etwa ein Yottabyte an Daten generieren – das sind 10 hoch 24 Bytes.

Zuletzt wurde das Präfixsystem 1991 geändert und dabei um Zetta (10 hoch 21; Z) und Zepto (10 hoch minus 21; z) sowie Yotta (10 hoch 24; Y) und Yokto (10 hoch minus 24; y) ergänzt. Damit entsprachen die Metrologen dem Wunsch von Chemikern, Zahlen in der Größenordnung der Avogadrozahl (6 mal 10 hoch 23) angeben zu können.

dpa/ckr

1 Kommentar

  • Bert Steffens Im o. g. Beitrag wird u. a. vom „ZEITMESSUNG" gesprochen.
    Nur: Zeit kann man nicht messen.
    Zutreffend ist: Wir können nur die Takte eines – letztlich – beliebig gestaltbaren Taktgebers zählen, den wir „Uhr“ nennen. Daran ändert auch nichts, dass Atomuhren jede der Uhrensekunden nochmals weiter untergliedern. Auch die sogenannten "Atomsekunden" (PTB) sind nicht universell anwendungsfähig.
    Zählen ist jedoch NICHT GLEICH Messen. Die 86.400 Takte, mit denen wir den Erdentag „gliedern“, repräsentieren nicht „Zeit“. Die Takte, die wir „Sekunden“ nennen, sind beliebiger „Natur“, nicht beobachtbar (im weitesten Sinne), nicht extensiv, weil dimensionslos und somit auch nicht metrisierbar. Wegen der Beliebigkeit wird hier auf die Dezimalzeit verwiesen, die während der Französischen Revolution galt.
    Ändert man z. B. die Gesamtzahl der Takte, mit denen man ein Ereignis "gliedert", wie beispielsweise das Ereignis der Rotationsperiode der Erde oder gliedert man mit der gleichen (86.400) oder einer anderen Gesamtzahl von „Uhrentakten“ ein anderes Ereignis, sind solche Takte zueinander ungleichartig.
    Schlimmer noch: Zahlenwerte von Takten sind für mathematische Verknüpfungen mit extensiven physikalischen Größen nicht geeignet, wie beispielsweise in der Formel E = m · c^2. Im "c", der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, "verstecken" sich die Einheiten Meter und "Sekunde". Übrigens: Extensiv meint hier (vereinfacht): Die angebliche „physikalische Größe Zeit“ kann nicht in Einheiten gegliedert werden, wie dies z. B. bei der physikalischen Größe „Länge“ möglich ist. Deren beobachtbare physikalische Einheit ist der Meter.
    Kritik ist erwünscht.
    Bert Steffens
    Oberursel