Aufnahme der Polaroid Land Camera Model 95
mauritius images / Kevin Cupp / Alamy / Alamy Stock Photos

75 Jahre Sofortbildkamera
Um Fotos direkt sehen zu können

Ein Knopfdruck und man hat ein Foto – die Idee der Sofortbildkamera war revolutionär. Bis heute hinterlässt sie Spuren und erlebt ein Revival.

20.02.2022

Machen Sie Fotos mit Ihrem Handy, klatschen einen Filter drauf und laden sie dann bei Instagram, Facebook oder Twitter hoch? Dann handeln Sie sozusagen im Geiste einer 75 Jahre alten Erfindung des US-Amerikaners Edwin Land, der am 21. Februar 1947 die erste Sofortbildkamera in New York vorstellte. Die Erfindung schlug ein – ein bisschen so wie die Handykameras in den letzten Jahrzehnten. Und diverse Smartphones-Apps ahmen bis heute den Charme der Apparate nach.

Lands erste Kamera war Model 95 und der Name seiner Firma macht rückblickend die Tragweite ihrer technischen Revolution deutlich: Polaroid. Der Name wurde zwischenzeitlich zum Synonym für Fotografie, man machte nicht nur Fotos, man knipste auch Polaroids! Land erfand die Kamera, nachdem seine Tochter ihn eines Tages fragte, warum sie Fotos nicht sofort sehen konnte. Der Wissenschaftler tüftelte: "Ich konnte sehen, was die Polaroid-Kamera sein sollte. Sie war für mich genauso real, als säße sie vor mir, bevor ich jemals eine gebaut hatte", erklärte er einmal.

Der von Land erfundene Sofortbildprozess verwandelte Kameras in kleine Entwicklungslabore: Seine Sofortbildkameras verfügten nicht über einen einfachen Film, sondern über Papierblätter mit unterschiedlichen Schichten. Die ersten Modelle, etwa das Model 95, die erste kommerziell erwerbliche Sofortbildkamera, besaßen eine Doppelrolle aus Negativ- und Positivblättern. Diese enthielten die zur Entwicklung notwendigen Chemikalien bereits. Vor dem Auslösen waren sie voneinander getrennt, erst durch das Auslösen kamen sie miteinander in Kontakt: Das Negativblatt wurde dem Licht ausgesetzt, dann legte die Kamera über Rollen das Positivblatt darauf auf. Zwischen beiden Blättern wurde ein Reaktionsmittel verteilt. Die noch unbelichteten Silberteilchen des Negativs wurden durch das Reaktionsmittel auf das Positiv aufgebracht und kurze Zeit später konnte die Rückseite der Kamera geöffnet und das entstandene Bild entnommen werden, das Negativ wurde abgezogen.

Vor- und Nachteile der Technik

Die Sofortbildkamera bringen viele heute vor allem mit Spaß- und Partyfotografie in Verbindung, damals war sie jedoch ein Meilenstein in vielen Bereichen. Spurensucher an Tatorten konnten unkompliziert und schnell Fotos machen, die direkt in Akten oder an Tafeln verwendet werden konnten. Ärzte nutzten sie auf ähnliche Weise und machten Aufnahmen ihrer Patienten. Von Vorteil waren die Sofortbildkameras auch für Entwicklungshelfer, die in vielen Teilen der Welt keinen Zugriff auf Labore zur Entwicklung von Filmen gehabt hätten.

Doch die neue Technologie hatte auch Nachteile, weshalb die herkömmliche Kamera mit schwarz-weiß oder Farbfilm auch weiterhin von vielen Menschen benutzt wurde. Hier spielte vor allem der Preis der schnellen Bilder, die unter leisem Surren aus der Kamera kamen, eine Rolle. Polaroids und die Bilder von Konkurrenzmarken waren um ein Vielfaches teurer als jene aus dem Labor. Zudem blieben die Kameras lange Zeit klobig und passten bei weitem nicht in jede Tasche.

Die Fotos der Sofortbildkameras verkörperten für viele Menschen allerdings mehr als nur Schnelligkeit, sondern vor allem rückblickend auch ein Lebensgefühl. Leicht übersteuerte Farben, das langsame Verblassen, die Vignette an den Rändern: Das alles kreierte eine Ästhetik, die zum Retro-Hype im Multimedia-Bereich der letzten Jahre beitrug.

Wiedergeburt des Sofortbilds

Im Jahr 2019 seien in Deutschland eine halbe Million Sofortbildkameras verkauft worden, teilt der Photoindustrie-Verband auf Anfrage mit – mehr als doppelt so viel wie noch 2016. In den vergangenen beiden Jahren ging die Zahl wieder etwas zurück, blieb aber weiter hoch. Gekauft wurden die Apparate vor allem von Teenagern und Menschen in ihren 20ern. Experten erklären den Trend auch mit dem Boom von retro-angehauchten digitalen Foto-Apps wie Instagram, die die jungen Käufer wieder zu den analogen Kameras zurück bringen.

Gerade Instagram, das schon im Namen an die "Instant Camera" angelehnt ist, spielt dabei mit den Chic der Sofortbildapparat. Ein früheres Icon für die Software war eine Kamera, die einem Polaroid-Model verdächtig ähnlich sah. In der App können User alle möglichen Filter einstellen, die das Bild verfälschen und in vielen Fällen ihre jahrzehntealten Vorgänger imitieren. In manchen Programmen können auch die weißen Rahmen der Sofortbilder hinzugefügt werden.

Polaroid ging im Zuge der Digitalisierung und dem Erfolg der Digitalkamera 2001 pleite, inzwischen aber werden unter dem Traditionsnamen wieder Apparate hergestellt – von einer Firma, die ursprünglich als Fanprojekt in den Niederlanden startete. Doch es ist vor allem die Idee des – oft imperfekten, unrealen und dadurch attraktiven – Sofortbildes das im digitalen Zeitalter in Smartphone-Apps weiterlebt. Eine Momentaufnahme, so leicht, als würde man die Welt durch eine Sonnenbrille sehen.

dpa/cpy