Bände der Encyclopaedia Britannica in einer Bibliothek.
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Encyclopaedia Britannica
Druck von Enzyklopädie vor zehn Jahren eingestellt

Das Juwel unter den Nachschlagewerken: Fast 250 Jahre lang wurde die Encyclopaedia Britannica gedruckt. In der Online-Version existiert sie weiterhin.

13.03.2022

Im Internet ist eine Komplettausgabe der Encyclopaedia Britannica heute schon für umgerechnet 120 Euro zu finden. Wer sie bis 2012 druckfrisch im Handel erwarb, musste tief in die Tasche greifen. Rund 1.200 Euro kostete die 15. Edition der traditionsreichen Enzyklopädie, die zu diesem Zeitpunkt 32 Bücher und 32.640 Seiten umfasste. Es war die letzte Printausgabe. Am 13. März 2012 wurde nach fast 250 Jahren die Einstellung der gedruckten Encyclopaedia Britannica verkündet. Die Auflage von 2010 sollte die letzte bleiben.

Der Schritt, der sich lange abgezeichnet hatte, sei weniger durch die Konkurrenz im Internet befeuert worden, hieß es damals, sondern eher durch die Online-Entwicklung im eigenen Haus – und vermutlich auch die Erkenntnis, dass ein gedrucktes, mehrbändiges Nachschlagewerk nicht mehr mithalten kann. Schließlich war jede noch so ästhetische Edition zum Zeitpunkt ihres Erscheinens in Teilen schon wieder veraltet.

Konzentration auf das Onlinegeschäft

"Das hat nichts mit Wikipedia oder Google zu tun", betonte der damalige Britannica-Präsident Jorge Cauz seinerzeit die Entscheidung. "Es liegt daran, dass Britannica seine digitalen Produkte jetzt an eine große Zahl von Leuten verkauft." Folglich werde man sich voll auf die Online-Version der Enzyklopädie konzentrieren. Die gibt es im Abonnement für umgerechnet rund 8 Euro im Monat oder 70 Euro im Jahr.

Die Bücher galten bis 2012 als das Maß aller Dinge, wenn es um gebündeltes und vor allem zuverlässiges Wissen ging. Unter ihren Autoren fanden sich Gelehrte, viele renommierte Wissenschaftler, bekannte Publizisten und selbst Lyriker. Lange bevor der Faktencheck eine Rubrik in zahlreichen Medien wurde, war Fact-Checking eines der Kernversprechen der Encyclopaedia Britannica, die nebenbei auch ein Statussymbol des Bildungsbürgertums war. Auf dem Höhepunkt waren 100 Vollzeitredakteure und mehr als 4.000 weitere Mitwirkende an der Encyclopaedia Britannica beteiligt.

Mit drei Bänden ging es in Schottland los

Die lange Geschichte hat ihren Ursprung im Jahr 1768 in Schottland, als die Encyclopaedia Britannica in Edinburgh erstmals in den Druck ging. Sie gilt als wichtiger Meilenstein der Aufklärung. Allerdings war das mit den Fakten damals noch so eine Sache. Ein Blick in die Erstausgabe würde heute für Schmunzeln sorgen. So wurde Kalifornien als "ein großes Land der Westindischen Inseln" eingestuft. Die erste Ausgabe der Britannica umfasste drei Bände, die zweite hatte schon zehn. Zuletzt waren es 32.

Nach der Übernahme durch ein amerikanisches Unternehmen wurde sie seit 1911 in den USA herausgegeben und durch Vertreter an der Haustür verkauft. Ab 1933 war die Britannica die erste Enzyklopädie, die kontinuierlich überarbeitet und neu herausgegeben wurde – eine wichtige Neuerung. Ihr erfolgreichstes Jahr war 1990, als nach Angaben des Unternehmens 120.000 Gesamtausgaben verkauft wurden. Mitte der 1990er Jahre waren es nur noch 40.000, 2010 gerade mal 8.500.

Vergleich zu frei zugänglichen Onlinelexika

Auch die Online-Ausgabe muss als zahlungspflichtige Plattform gegen die kostenlose Konkurrenz im Internet bestehen. Doch bei Britannica setzt man auf die Alleinstellungsmerkmale. "Wir sind vielleicht nicht so groß wie Wikipedia", sagte Cauz dem "Guardian", "aber wir haben eine wissenschaftliche Stimme, einen redaktionellen Prozess und faktenbasierte, gut geschriebene Artikel. Wir glauben, dass alle diese Dinge sehr, sehr wichtig sind."

Seit vergangenem Jahr ist Jorge Cauz der Hauptgeschäftsführer der Muttergesellschaft Britannica Group mit Sitz in Chicago, zu der auch das für seine Wörterbücher – und ebenfalls für Nachschlagewerke – bekannte Unternehmen Merriam-Webster gehört. Cauz sieht die Britannica als wichtige Ergänzung im Internet. "Wir glauben, dass es etwa 1,2 bis 1,5 Milliarden Anfragen gibt, auf die wir die beste Antwort haben."

Philip Dethlefs (dpa)