Ein aufgeschlagenes Buch
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Rezension
Warum sehnen wir uns nach der Vergangenheit?

Der Philosoph Michel Serres hat ein Plädoyer gegen die Angst vor der Zukunft geschrieben. Gespickt mit Ironie und persönlichen Anekdoten.

Von Ina Lohaus 19.05.2019

Früher war alles besser – wie leicht ist dieser Satz dahingesagt, wenn in der Gegenwart etwas schlecht läuft oder es etwas zu kritisieren gibt. Um aufzuzeigen, dass ein solch positiver Blick zurück oft trügerisch ist, hat der 1930 geborene französische Philosoph Michel Serres, der an der Sorbonne und der Stanford University gelehrt hat, dieses Buch geschrieben.

Er stellt den "Meckeropas", die das Vergangene verklären, die vernetzte Generation der "Däumlinge" und "Däumelinchen" gegenüber, die mit flinken Fingern über ihr Smartphone fliegen. Sehr persönlich gefärbt, mit Ironie und gespickt mit Anekdoten aus seinem Leben durchleuchtet Serres Lebensbereiche wie Gesundheit, Arbeit oder Kommunikation, deren enorme Fortschritte nicht durch rückwärtsgewandte Idealisierungen der Vergangenheit in ihrem Wert geschmälert werden dürften.

Insbesondere der fast 75 Jahre währende Frieden gehört für Serres zu den Errungenschaften, die das Heute so viel besser machen als das Gestern. In der Gegenwart sei längst nicht alles gut und richtig. Umso wichtiger sei es, den Fortschrittsverweigerern, wenn sie an die Macht kommen und Neuerungen blockieren, nicht das Feld zu überlassen, damit die Angst vor der Zukunft nicht die Politik bestimme.

Buchcover "Was genau war früher besser?"

Michel Serres: Was genau war früher besser? Ein optimistischer Wutanfall. Suhrkamp Verlag, 2019, 12 Euro.