Person in Sportkleidung mit einem Hund an der Leine vor einem strahlend blauen Himmel
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Weltglückstag
Was uns trotz Corona glücklich macht

Viele Menschen leiden unter der Pandemie, durch Ängste oder Einsamkeit. Zum Tag des Glücks erklären Forscher, wie es sich im Gehirn aktivieren lässt.

Von Christina Sticht 20.03.2021

Kein Stau auf der Autobahn, leere U-Bahnen und Vogelgezwitscher statt Verkehrslärm: Im ersten Lockdown ließen sich Glücksmomente entdecken – von Entschleunigung war am Anfang der Pandemie oft die Rede. Mittlerweile liegen bei vielen Frauen, Männern und Kindern die Nerven blank – trotz Durchhalteparolen aus der Politik. Wie sind die letzten Meilen des Corona-Marathons zu schaffen? Und haben Glücksforscher darauf eine Antwort?

Im Weltglücksreport, den ein Forschungsnetzwerk der UN jedes Jahr herausbringt, landete im Corona-Jahr wieder Finnland auf dem ersten Platz vor Island und Dänemark. Deutschland verbesserte sich 2020 vom 17. auf den 7. Platz. Ganz hinten rangierten Tansania und Jordanien, wo es ganz andere Probleme gibt als coronabedingt geschlossene Kitas und Kinos.

20. März: Weltglückstag

Der von den Vereinten Nationen ausgerufene " Internationale Tag des Glücks" wird seit 2013  begangen. Am 20. März jeden Jahres erinnern die UN seither daran, dass Wohlstand über materielle Güter hinausgeht. Das Streben nach Glück soll nach Ansicht der Vereinten Nationen daran erinnern, welche Bedeutung Glück und Wohlergehen als Ziele im Leben der Menschen haben. Schlüsselaspekte, die zu Glück und Wohlbefinden führen, sind laut UN, Armut zu beenden, Ungleichheit zu verringern und unseren Planeten zu schützen.

Die Pandemie vergegenwärtige globale Umweltbedrohungen und zeige, dass man eher nach Wohlbefinden als nach purem Wohlstand streben sollte, erklären die Autoren des World Happiness Report. Studien aus Deutschland weisen darauf hin, dass der psychische Druck im zweiten Lockdown wächst, vor allem bei jungen Menschen. Das Glückslevel sei gesunken, sagt Hilke Brockmann, Soziologie-Professorin an der Jacobs University Bremen. Hintergrund seien Sorgen um die Gesundheit, die Furcht vor Arbeitslosigkeit oder gar Existenzängste. Auch wenn es nicht alle betrifft: "Ein permanenter Angstzustand ist schädlich", sagt die Glücksforscherin.

Fehlende Berührungen durch andere Glückshormone ersetzen

Aus neurobiologischer Sicht fühlen wir uns dann glücklich, wenn ein belebender Cocktail aus körpereigenen Chemikalien durchs Gehirn strömt. Oxytocin zum Beispiel wird bei Umarmungen und beim Sex ausgeschüttet, bei Frauen auch während der Geburt und beim Stillen. Die Corona-Abstandsregeln sorgen dafür, dass die meisten Menschen – wohl vor allem Alleinlebende – weniger dieses "Kuschelhormons" produzieren.

Wichtig ist aus Sicht von Brockmann, sich jetzt auf Positives zu fokussieren. "Man kann sich daran hochziehen, dass das Impfen wirkt und sich sagen, dass im Sommer hoffentlich die Einschränkungen vorbei sind." Die Aussicht auf Erfolg erlaube es einem, produktiver mit der Zeit bis dahin umzugehen, ist sie überzeugt. "Achtsamkeits-Praktiken, Yoga, aber auch Outdoor-Sport haben eine starke Konjunktur." Bewusstes Kochen und Essen könnten ebenfalls die Stimmung aufhellen. Hunde-Besitzerin Brockmann sieht auch ein Haustier als beglückend an.

"Die Hinwendung zu anderen Menschen erzeugt positive Gefühle. Wir haben vielfach Glücksgefühle, wenn wir anderen etwas schenken, etwas geben oder an etwas teilhaben lassen", sagt Michael Kunze. Der Professor für Sozialmedizin an der Universität Wien hat in seinem jüngsten Buch "Der Glückskompass" Studien zum Thema analysiert und daraus Strategien entwickelt. "Wir haben mehr glückliche Momente als unglückliche Momente. Wir müssen nur wissen, wie man sie festhält", meint er.

Beim Spazierengehen sollte man Wege einschlagen, die mit positiven Erinnerungen besetzt seien. Wichtig sei auch das Tagträumen: "Wir wird das werden, wenn wir wieder ins Restaurant dürfen? Was werde ich mir bestellen?"

In den Flow kommen

Viel Bewegung und viel Licht sind dem Wissenschaftler zufolge zwei essenzielle Zugänge zum Glückserleben. "Langstreckenläufer berichten ungefähr nach Kilometer 25 von Glücksgefühlen anderer Art, dem Flow. Hintergrund sind Endocannabinoide im Gehirn, opiatähnliche Substanzen", sagt Kunze. Man kenne das Phänomen auch, wenn ein Kind komplett in einem Spiel versunken sei oder wenn man beim Lesen eines spannenden Buches Zeit und Raum vergesse.

Für Maike van den Boom ist jetzt entscheidend, Zugang zu den eigenen Energieressourcen zu finden. Die in Stockholm lebende Deutsche hält Vorträge und Seminare in Unternehmen, die wollen, dass ihre Mitarbeiter glücklicher werden und ihr Potenzial besser entfalten. Die Skandinavier seien gelassener und fürchteten sich weniger vor Veränderungen und Krisen, beobachtet van den Boom. Das helfe ihnen in der Pandemie.

Glückshormone könne man mit Übungen aktivieren. Van den Boom schlägt vor, sich "noch im Bett morgens früh fünf Dinge zu überlegen, die gut laufen, für die wir dankbar sind, die wir heute reißen werden". Auch eine Minute zu lächeln oder die Arme in Siegerpose gen Zimmerdecke zu recken, hilft ihr zufolge, positive Areale im Gehirn zu trainieren. Positive Gedanken in Form eines Kompliments zu teilen, mache doppelt glücklich, ist die Beraterin und Autorin überzeugt. "Ich würde Online-Teams, Eltern, aber auch jeder Schule empfehlen, so den Tag beginnen zu lassen."

dpa