Gruppe Studierender diskutiert miteinander
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Debattenkultur
Wie denken Studierende über freie Rede auf dem Campus?

Studierende der Goethe-Universität in Frankfurt haben sich zur Redefreiheit positioniert. Vor allem links eingestellte Befragte zeigten sich kritisch.

12.11.2020

Der Großteil der Studierenden in den Sozialwissenschaften ist an der Goethe-Universität Frankfurt für Redefreiheit an Hochschulen. Andersherum lehnen dies aber – je nach Thema – auch rund 30 bis 40 Prozent ab. Zu diesem Ergebnis kommt eine in der "Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie" erschienene Studie. Demnach seien insbesonders Studierende mit einer linksorientierten Haltung kritisch gegenüber unbegrenzter Redefreiheit eingestellt. Unter konservativ eigestellten Studierenden sei der Anteil im Schnitt geringer, sie hätten wiederum eher Sorge vor Anfeindungen. Insgesamt sagten 25 Prozent aller Befragten, schon einmal für ihre Meinung verbal angegriffen worden zu sein.

Die Studie fokussierte sich auf die Haltung der Studierenden zur freien Rede über Islam, Geschlecht, Zuwanderung und Homosexualität. 69 Prozent der Befragten sagte, dass sie eine Person auf dem Campus akzeptieren würden, die dem Islam kritisch gegenüber eingestellt sei. Über Personen, die von biologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen ausgingen, sagten dies 67 Prozent. 59 Prozent akzeptieren Kritikerinnen und Kritiker der Einwanderung an der Hochschule und 56 Prozent Personen, die Homosexualität für eine Sünde halten.

Sorge vor politischer Färbung in Lehre

Geht es um Personen, die an der Hochschule lehren, zeigten sich die befragten Studierenden bei Fragen der Migration und Homosexualität besonders kritisch. Nur 23 Prozent wollen Dozierende haben, die sich klar gegen Einwanderung aussprechen. 17 Prozent sagen das über homophob eingestellte Menschen. Die Sorge der Studierenden: Dozierende würden nicht zwischen eigener Haltung und Lehrinhalten unterscheiden und die entsprechenden Minderheiten diskriminieren.

Ihre Studie sehen die Forscher als Ausgangspunkt für vertiefende Untersuchungen. Sie hätten bewusst die Goethe-Universität gewählt, weil sie dort verhältnismäßig viele links eingestellte und gesellschaftspolitisch aktive Studierende erwarteten. Die Annahme: Wenn es hier keine Skepsis gegenüber Redefreiheit gäbe, wäre dies auch anderswo nicht der Fall.

Die Ergebnisse basieren auf Antworten von rund 500 Studierenden, die eine online veröffentlichte Umfrage zu mindestens 80 Prozent beantworteten. Überschrieben war die mit der Frage, ob und wie die Redefreiheit an den Hochschulen eingeschränkt werden solle. Der Großteil der Befragten gab an, zuletzt die Linke (38 Prozent), die Grünen (24 Prozent) oder die SPD (16 Prozent) gewählt zu haben. Dahinter folgten CDU/CSU und FDP (jeweils acht Prozent) und AfD (zwei Prozent).

kas