Tag des offenen Denkmals
Wo die Geschichte der Wissenschaft zum Besuch einlädt
Das Buch ist die älteste Möglichkeit Informationen zu speichern und auszutauschen. Als vier Gelehrte 1652 die "Academia Naturae Curiosorum", heute Leopoldina, gründeten, wurde mit dem Sammeln von Büchern zu naturwissenschaftlichen und medizinischen Themen begonnen. Schließlich gab es ab 1731 eine eigene Bibliothek, die seit 1904 in Halle ihren Sitz hat. "Gebäude und Bibliothek sind ein Denkmal", sagt der Leiter der Bibliothek und des Archivs der Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften (Halle), Dr. Danny Weber. Am bundesweiten Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag öffnet die Bibliothek ihre Türen für Besucherinnen und Besucher.
Die Bibliothek umfasst mittlerweile 285.000 Bände. Das älteste Buch zum Thema Geografie stammt aus dem Jahr 1508. Weil ständig neue Bücher hinzukommen, ist der Platz im Gebäude ausgereizt. Derzeit werden auch Bücher in zwei Außenlagern aufbewahrt. "Der Leopoldina ist das Problem bewusst und wir arbeiten auch bereits an möglichen Lösungen", sagt Weber.
Eine einzigartige Geschichte als Wissenschaftsakademie
Die Leopoldina ist die älteste Wissenschaftsakademie, die bis heute weltweit ununterbrochen existiert. "Keine andere Wissenschaftsakademie weltweit und keine andere vergleichbare Einrichtung von nationalem Rang kann auf eine solch lange, ununterbrochene Geschichte zurückblicken wie die Leopoldina in Halle. Dieses Alleinstellungsmerkmal manifestiert sich auch in den in ihrer Zusammensetzung und Dichte einzigartigen Beständen von Archiv und Bibliothek, die bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts zurückreichen", sagt der Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, Professor Gerald Haug. "Hier an ihrem Hauptsitz in Sachsen-Anhalt wird das Wissen über die Geschichte, die Kultur und die Entwicklung der Wissenschaft bis in die Gegenwart aufbewahrt, gepflegt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht".
Älteste naturwissenschaftlich-medizinische Zeitschrift existiert bis heute
Die Leopoldina gibt seit 1670 eine Publikation heraus. "Es ist die älteste naturwissenschaftlich-medizinische Zeitschrift der Welt, die bis heute ohne Unterbrechungen erscheint", sagt Weber. "Die erste Ausgabe mit dem Namen "Vermischte Nachrichten über die Merkwürdigkeiten aus dem Naturreich" hatte ein völlig neues Konzept. So etwas gab es damals noch nicht".
Beispielsweise waren die Beiträge aufwendig mit Kupferstichen bebildert. Es gab im 17. Jahrhundert Beschreibungen von Pflanzen, die aus Asien und Amerika nach Europa gekommen waren. Ein Artikel von 1680 des Engländers Nehemia Grew war für die Botanik wegweisend, weil hier erstmals Pflanzenzellen, wie sie Grew unter dem Mikroskop sah, als Kupferstich abgebildet wurden. Auch Goethe publizierte in der Zeitschrift zum Thema Zwischenkieferknochen bei Mensch und Tier. Heute heißt die Zeitschrift "Nova acta leopoldina". Neben der klassischen Buchpublikation können Wissenschaftler für ein Online-Projekt gemeinsam an wissenschaftlichen Texten arbeiten und sie auch live publizieren.
Auch Albert Einstein war Mitglied der Leopoldina
Derzeit hat die Leopoldina 1.750 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 31 Ländern als Mitglied. Seit der Gründung waren rund 8.000 Forschende Mitglieder, darunter 112 Nobelpreisträger und berühmte Forscher wie Albert Einstein, Charles Darwin, Max Planck und Niels Bohr. Neue Mitglieder werden von einem Gremium gewählt. Mitglied der Leopoldina kann den Angaben zufolge nur werden, wer sich mit herausragenden wissenschaftlichen Leistungen empfohlen hat. "Etwa 40 bis 50 neue Mitglieder kommen jährlich hinzu", sagt Weber.
Ihren Namen erhielt die Naturforscher-Akademie Leopoldina, als Kaiser Leopold I. sie 1687 zur Reichsakademie erhob. Seit 1878 hat die Leopoldina ununterbrochen ihren Sitz in Halle. Als Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina wurde sie am 14. Juli 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften ernannt.
Thomas Schöne (dpa)