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Krebsforschung
Stress fördert Krebserkrankung

Ein internationales Forschungsteam hat Mechanismen entdeckt, wie Stress fördernd auf Krebszellen wirkt. Es ergeben sich neue Therapiemöglichkeiten.

23.02.2024

"Wir zeigen, dass chronischer Stress die Lungenmetastasierung von disseminierten Krebszellen bei Mäusen um das 2- bis 4-fache erhöht", konstatiert das Forschungsteam um die Cold Spring Harbor Laboratorien (CSHL) in New York in der Einleitung ihrer Studie. Bislang stammen die Forschungsergebnisse tatsächlich erst aus Experimenten mit krebserkrankten Mäusen. 

Dass chronischer Stress gesundheitlich negative Auswirkungen hat, ist bereits mehrfach bewiesen. Doch den Forschenden an der Studie "Chronischer Stress erhöht die Metastasierung durch neutrophile Veränderungen der Mikro-Umgebung" ist nun gelungen, die dahinterliegenden Mechanismen und Gründe mit Experimenten darzulegen. 

"Stress ist etwas, das wir bei Krebserkrankten nicht wirklich vermeiden können. Sie können sich vorstellen, dass Sie nach der Diagnose nicht aufhören können, an die Krankheit, die Versicherung oder die Familie zu denken. Deshalb ist es sehr wichtig zu verstehen, wie Stress auf uns wirkt", erklärt Studienbeteiligte Xue-Yan He, inzwischen Assistenzprofessorin für Zellbiologie und Physiologie an der Washington University School of Medicine in St. Louis in einer Meldung auf der Website der CSHL. Dort wird die Studie als ein "Durchbruch" beim Verständnis dafür bezeichnet, wie chronischer Stress im Körper – speziell von Krebserkrankten – wirkt. 

"Stress ist etwas, das wir bei Krebserkrankten nicht wirklich vermeiden können."
Studienbeteiligte Xue-Yan He, Assistenzprofessorin für Zellbiologie und Physiologie, Washington University School of Medicine 

Chronischer Stress fördert laut Studie Metastasenbildung 

Die Forschungsgruppe hat ihre Ergebnisse gestern auf "ScienceDirect" veröffentlicht. Sie hebt vier Ergebnisse besonders hervor: 

  1. Chronischer Stress ist bei Krebspatienten mit einem erhöhten Risiko für Metastasen und einem schlechten Überleben verbunden. 
  2. Chronischer Stress schafft eine Metastasen fördernde Lungen-Mikro-Umgebung. 
  3. Chronischer Stress regt die Bildung von klebrigen, spinnennetzartigen extrazellulären Fasern (NETs) an, welche die Immunabwehr von Krebserkrankten schwächen und Metastasen fördern. 
  4. NETs könnten Ziele sein, um das Wiederauftreten von Metastasen bei Krebserkrankten zu verhindern. 

Auf der CSHL-Website heißt es dazu: "Normalerweise können sie uns gegen eindringende Mikroorganismen verteidigen. Bei Krebserkrankungen schaffen NETs jedoch eine Metastasen freundliche Umgebung." 

"Chronischer Stress ist ein physiologischer Prozess, der durch Umwelt- und/oder psychosoziale Faktoren ausgelöst wird. Stress beeinflusst Gedächtnis, Kognition und Verhalten sowie die Homöostase des gesamten Körpers, einschließlich des Herz-Kreislauf-, Magen-Darm- und Immunsystems. Chronischer Stress aktiviert die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, was zur Freisetzung von Stresshormonen der Glukokortikoid-Klasse (Cortisol beim Menschen (…) führt", betont die Studie die erheblichen physischen Auswirkungen von chronischem Stress. 

Studie stellt neue Therapieansätze in Aussicht 

Bemerkenswert sei laut CSHL die Erkenntnis, dass chronischer Stress sogar bei Mäusen ohne Krebs zur Modifizierung des Lungengewebes durch NET-Bildung führte. "Es bereitet ihr Gewebe geradezu darauf vor, Krebs zu bekommen", erklärt Studienleiterin Mikala Egeblad, inzwischen Professorin an der Johns Hopkins University. Für Professorin und Krebsforscherin Linda Van Aelst ist die Implikation, obwohl überraschend, klar: „Die Reduzierung von Stress sollte ein Bestandteil der Krebsbehandlung und -prävention sein", sagt sie. 

Das Team spekuliert auch, dass zukünftige Medikamente, die die NET-Bildung verhindern, Erkrankten zugutekommen könnten, bei denen der Krebs noch nicht metastasiert ist. Solche neuen Behandlungen könnten die Krebsausbreitung verlangsamen oder stoppen und dringend benötigte Erleichterung bieten. 

An der Studie beteiligte Institutionen 

An der internationalen Studie waren neben den New Yorker Forschungs-Institutionen Cold Spring Harbor Laboratory (Krebszentrum), Genetik-Graduiertenprogramm der Stony Brook Universität, Behörde für Bevölkerungsgesundheit, „Institut Künstliche Intelligenz für digitale Gesundheit“ der Cornell University in New York auch die Universität Côte d’Azur aus Nizza in Frankreich beteiligt.

cva