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unsplash / The Climate Reality Project
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Wissenschaftskommunikation
HU veröffentlicht berufsethischen Leitfaden

Forschende stehen mehr denn je in der Öffentlichkeit. Die Berliner Uni gibt Handlungsempfehlungen für den Umgang mit konfliktträchtigen Themen.

02.04.2024

Spätestens seit der Corona-Pandemie ist klar, welche Rolle Forschende im öffentlichen Diskurs spielen. Gleichzeitig sind sie dadurch aber auch verstärkt der öffentlichen Meinung ausgesetzt. Das gilt insbesondere bei sogenannten Trigger-Themen wie Klimawandel, Bedrohung demokratischer Ordnungen, Künstliche Intelligenz oder eben dem Umgang mit Pandemien. Der Akademische Rat der Humboldt-Universität (HU) hat nun einen berufsethischen Leitfaden veröffentlicht, der für einen angemessenen und verantwortungsbewussten Umgang mit konfliktträchtigen Situationen und Themen in der Öffentlichkeit sensibilisieren soll.

Der Leitfaden behandelt Fragen, die auch außerhalb der HU auf Interesse stoßen dürften: Worauf sollten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler achten, wenn sie sich jenseits der Fachöffentlichkeit zu Trigger-Themen äußern? Müssen sie sich streng im Rahmen ihrer fachlichen Expertise bewegen? Was ist bei persönlichen Meinungsäußerungen zu beachten? Anhand konkreter Fallbeispiele bietet der Leitfaden auf übersichtlichen sechs Seiten Antworten. "Uns war wichtig, diese Handreichung in einem Prozess der Selbstverständigung von Forschenden zu erarbeiten", erklärt Julia von Blumenthal, Präsidentin der HU. "Der Leitfaden bietet Orientierung im Spannungsfeld von Wissenschaft und Öffentlichkeit, Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit."

Oft übersehener Unterschied zwischen Wissenschafts- und Meinungsfreiheit

Der Unterschied zwischen Wissenschafts- und Meinungsfreiheit werde oft übersehen, heißt es im Leitfaden. Die Wissenschaftsfreiheit sei nicht bereits dort gefährdet, wo Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Öffentlichkeit mit scharfer Kritik konfrontiert werden. Auch diene die Wissenschaftsfreiheit nicht bloß dem "Akteursschutz" einzelner Forschender, sondern auch dem "Funktionsschutz" des gesamten Wissenschaftssystems, den der Staat zu gewährleisten habe. Sobald sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hingegen an gesellschaftlichen Debatten außerhalb ihrer fachlichen Expertise beteiligen würden, seien ihre Beiträge nur noch durch die Meinungs- und Redefreiheit geschützt. 

Eine besondere Verantwortung komme Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu, die im öffentlichen Raum präsent sind und an kontroversen Debatten teilnehmen: "Es muss von ihnen erwartet werden, dass sie einem professionsethischen Leitbild folgen, das sich an den elementaren Voraussetzungen und Tugenden der wissenschaftlichen Erkenntnissuche orientiert und zugleich die voraussehbaren Folgen des eigenen Handelns einbezieht." Dieser doppelte Anspruch schlägt sich in den zentralen Handlungsempfehlungen nieder, die eigenen Rollen sorgfältig zu trennen und mit größtmöglicher Transparenz zu kommunizieren: Persönliche Meinungsäußerungen sollten als solche gekennzeichnet werden. Und es müsse deutlich gemacht werden, wenn die vertretene These im Fach umstritten ist.

Mehraugenprinzip bei konfliktträchtigen Themen

Auch die Universität selbst sei Ort gesellschaftlicher Debatten. Die Universitätsleitung habe die Aufgabe, für die sichere Durchführung von Veranstaltungen zu sorgen. Hierfür müsse sie aber rechtzeitig über mögliche Störungen in Kenntnis gesetzt werden. Prinzipiell empfehle sich bei der Planung von Veranstaltungen ein Mehraugenprinzip um sicherzustellen, dass ein kontrovers diskutiertes Thema auch entsprechend dargestellt wird, oder um eine begründete Position im Umgang mit einer umstrittenen Persönlichkeit zu finden.

Der im März 2024 vom Akademischen Senat der HU verabschiedete Leitfaden wurde über einen Zeitraum von zwei Jahren in zwei Arbeitsgruppen erarbeitet. Professorinnen und Professoren, wissenschaftliche Mitarbeitende, Studierende und Mitglieder der Universitätsverwaltung und -leitung waren daran beteiligt.

Dieser Artikel wurde am 02.04. um 12:30 Uhr aktualisiert. Erstmals erschienen ist er am 25.03.

hes