Ein Denkmal des Wissenschaftlers Alexander von Humboldt in Berlin.
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Alexander von Humboldt-Stiftung
Immer mehr Forschende suchen Schutz in Deutschland

Weltweit sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gefährdet. Der Bedarf an Fördermitteln zu ihrem Schutz hat stark zugenommen.

17.04.2024

Kriege und Unterdrückung haben dazu geführt, dass deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen immer mehr Geld für Schutz suchende Forschende bei der Alexander von Humboldt-Stiftung beantragen. "Der Bedarf hat sich seit der Machtübernahme der Taliban 2021 in Afghanistan extrem verstärkt und seit der russischen Invasion in die Ukraine gigantische Ausmaße angenommen", sagte Stiftungsmitarbeiter Frank Albrecht der Deutschen Presse-Agentur. Albrecht leitet das Referat "Philipp Schwartz-Initiative und Wissenschaftsfreiheit". Die Initiative vergibt seit 2015 Fördermittel an deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen, mit denen sie ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zwei Jahre lang finanzieren können. 2018 wurde sie verstetigt.

Das Antragsvolumen sei seit Beginn des Ukraine-Kriegs zeitweise auf 300 Prozent der Vorjahre gestiegen und liege aktuell weiterhin bei fast 200 Prozent, sagte Albrecht. Wurden zunächst 50 bis 60 Personen pro Jahr unterstützt, seien es nun 80 bis 100. Die Gründe, warum die Forschenden Schutz suchten, seien ganz unterschiedlich. Durch den Ukraine-Krieg sei es vielen nicht mehr möglich, an ihren Hochschulen zu arbeiten. In Russland erlebten kritische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit dem Ukraine-Krieg verstärkt Repressionen durch Geheimdienste.

Unterschiedliche Gründe für Unterstützungsbedarf

Unter den Unterstützten aus anderen Ländern sei etwa eine Historikerin, die zur Militärgeschichte ihres Landes geforscht habe. Die Ergebnisse ihrer Arbeit hätten aber nicht zum gängigen Narrativ der Regierung gepasst. Ein weiteres Beispiel sei eine syrische Rechtswissenschaftlerin, die sich in Damaskus mit internationalem Strafrecht befasst habe. "Sie hat dann festgestellt, dass der syrische Geheimdienst beginnt, in ihren Vorlesungen zu sitzen", berichtet Albrecht. In Afghanistan wiederum seien Frauen gänzlich aus den Hochschulen verbannt worden. 

Laut Albrecht gibt es keine Erhebungen darüber, wie viele Forschende weltweit in Gefahr sind. Internationale Studien hätten aber gezeigt, dass weltweit über 3,5 Milliarden Menschen in Ländern lebten, in denen die Wissenschaftsfreiheit stark eingeschränkt sei. Die Philipp Schwartz-Initiative hat laut Albrecht seit 2015 rund 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 26 Ländern unterstützt. Die meisten von ihnen kommen aus der Türkei, der Ukraine und Syrien.

Philipp Schwartz-Initiative

Mit der Philipp Schwartz-Initiative hat die Humboldt-Stiftung eigenen Angaben zufolge gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt als erste Forschungsförderorganisation Deutschlands ein Schutzprogramm für gefährdete und verfolgte Wissenschaftler ins Leben gerufen. Seitdem habe das Programm auf nationaler und internationaler Ebene Schule gemacht. Es ist nach dem Pathologen jüdischen Glaubens Philipp Schwartz benannt. Dieser musste 1933 vor den Nationalsozialisten aus Deutschland fliehen und gründete die "Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland".

dpa