Zwei Menschen halten eine Israel-Flagge in Berlin in die Höhe.
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Hochschulen
BMBF fordert Einsatz gegen Antisemitismus

Das BMBF hat Hochschulen aufgerufen, Maßnahmen gegen Antisemitismus zu ergreifen. Die HRK unterstützt den Vorstoß.

15.11.2023

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hat die Hochschulen in Deutschland aufgefordert, Stellung gegen Juden- und Israelhass zu beziehen. Die Hochschulleitungen müssten sich wie die Hochschulrektorenkonferenz klar positionieren, Anlaufstellen für jüdische Studierende schaffen und Maßnahmen zur Krisenintervention ergreifen, sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am Dienstag nach einem Treffen mit Hanna Veiler und Noam Petri von der Jüdischen Studierendenunion Deutschland (JSUD). Dem Treffen war ein Aufruf der JSUD an die Bildungsministerin vorangegangen, Studierende an deutschen Hochschulen besser gegen Antisemitismus zu schützen.

Die Hochschulen dürften auch nicht davor zurückschrecken, vom Hausrecht Gebrauch zu machen. "Der Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober war ein Zivilisationsbruch. Durch ihn ist ein schamloser Antisemitismus auch an Hochschulen in Deutschland sichtbar geworden. Das ist unerträglich und wir müssen uns dem klar entgegenstellen", sagte Stark-Watzinger.

Veiler und Petri forderten den Aufbau von Strukturen, die jüdische Studierende am Campus schützen und Strategien gegen Antisemitismus. "Eine wehrhafte Demokratie zu sein, bedeutet, dass wir auch in unseren Universitäten antidemokratisches Gedankengut bekämpfen müssen", sagte Petri. "Es braucht harte Konsequenzen bis hin zur Exmatrikulation für Studenten, Hochschulgruppen und das Personal der jeweiligen Universität, die antisemitisches Gedankengut gutgeheißen."

HRK unterstützt die Ministerin

"An deutschen Hochschulen ist kein Platz für Antisemitismus", bekräftigte der Präsident der HRK in einer Pressemitteilung am Mittwoch im Namen der Mitgliederversammlung. Die entsprechende Entschließung der HRK aus dem Jahr 2019 gelte uneingeschränkt und nicht nur in der aktuellen Konfliktsituation. Hochschulen seien Zentren der demokratischen Kultur, Orte des Dialogs und Stätten der Vielfalt. Sie müssten friedliche und rationale Diskursräume sein. Alle Hochschulangehörigen seien aufgefordert, sich jetzt entschieden und anhaltend gegen Antisemitismus in jeglicher Form zu wenden – nicht nur symbolisch, sondern auch durch konkretes, solidarisches Handeln, heißt es in der Mitteilung.

"Wir dulden keine Gewalt, weder verbal noch physisch, keinen Antisemitismus, keinerlei Ausgrenzung – auch nicht gegen Studierende und Mitarbeitende palästinensischer Herkunft, die sich aktuell ebenfalls Sorgen machen", stellte der HRK-Präsident klar. Rosenthal kündigte an, dass der Austausch über geeignete Maßnahmen gegen Antisemitismus an Hochschulen nun innerhalb der HRK umso entschlossener fortgesetzt werde. Viele Mitglieder hätten nicht nur im Hinblick auf die aktuellen Vorkommnisse bereits relevante Handlungsfelder für ein entschiedenes Eintreten gegen Antisemitismus identifiziert und nachahmenswerte Maßnahmen ergriffen.

Das könne beispielsweise reichen von eindeutigen Solidaritätsbekundungen der Hochschulgremien, über die konsequente Anzeige und Sanktionierung antisemitischer Straftaten von Hochschulangehörigen, der gezielten Erhöhung von Sicherheitsvorkehrungen auf dem Campus, der Stärkung von Anlaufstellen für Antidiskriminierung beziehungsweise Antisemitismus, der Ausweitung von Angeboten der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Antisemitismus, jüdischer Kultur und Geistesgeschichte in Lehre, Forschung sowie Wissenschaftskommunikation bis hin zur verstärkten Kooperation mit israelischen Wissenschaftseinrichtungen.

'Hochschule müssen sichere Orte sein'

"Hochschulen müssen Orte sein, an denen sich Jüdinnen und Juden ohne Wenn und Aber sicher fühlen können", mahnte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Professor Dr. Walter Rosenthal, im Rahmen der 37. Mitgliederversammlung in Berlin. Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und mit der sich anschließenden israelischen Militäroperation im Gazastreifen sei es allerdings auch an mehreren deutschen Hochschulen zu antiisraelischen beziehungsweise zu in Form und Wesen klar antisemitischen Vorfällen gekommen.

"Wir wissen, dass sich viele jüdische Studierende und Mitarbeitende, wenn sie sich auf dem Campus bewegen, lieber nicht als Jüdinnen oder Juden beziehungsweise als israelische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger zu erkennen geben, weil sie sich bedroht fühlen. Das begleitet uns schon viel zu lange und ist in den vergangenen Wochen noch schlimmer geworden", kritisierte Rosenthal. Unverhohlene Drohungen mit körperlicher Gewalt, das Anbringen von Plakaten oder Graffiti sowie Kundgebungen, die den Terror der Hamas gutheißen, die Opfer ausblenden oder aufrechnen, die das Existenzrecht Israels in Frage stellen und Jüdinnen und Juden insgesamt angehen und einschüchtern sollen, wie jüngst zu beobachten, seien nicht zu rechtfertigen und keinesfalls hinnehmbar.

Israelische Hochschulen bedanken sich für Solidarität

Zu Beginn des andauernden Konflikts hatten sich israelische Hochschulen für die eindeutigen Solidaritätsbekundungen aus Deutschland bedankt.  "Die Unterstützung, die wir aus Deutschland bekommen haben, ist außergewöhnlich", sagte Miellte Shamir, Vizepräsidentin für Internationales an der Universität Tel Aviv, in einem Interview mit "Table.Media" bedankte. "Wir sehen dort sehr klare Statements der wissenschaftlichen Community. Und wir haben viele Nachrichten mit Unterstützungsangeboten und einfach auch Anteilnahme bekommen. Das wissen wir sehr zu schätzen."  

Das bekräftigt auch Professor Elisheva Moatti, Verwaltungsdirektorin am European Forum der Hebrew University in Jerusalem, im Interview mit Forschung & Lehre. Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland würden sich sorgen und Nachrichten schicken. "Das hilft. Unsere Forschungsprojekte laufen weiter, wenn wir dafür nicht gerade reisen müssen, weil wir nicht wissen, ob wir wieder zurückkehren können. Wir sagen aber nichts ab. Allenfalls verschieben wir Termine. Es tut gut, diesen engen Austausch zu haben und zu spüren, dass die Kolleginnen und Kollegen gedanklich bei uns sind."

dpa/cle