Einwegschutzmaske und Ampulle mit der Aufschrift "Covid-19 vaccine"
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Klinische Studien
EU macht Ausnahme für Covid-19-Arzneimittel

Um die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu beschleunigen, hat die EU eine Ausnahmeregel getroffen. Sie betrifft genetisch veränderte Organismen.

16.07.2020

Die EU setzt vorrübergehend Auflagen aus, um die Entwicklung eines Corona-Impfstoffs zu beschleunigen. Vom kommenden Samstag an können Covid-19-Arzneimittel, die auf genetisch veränderten Organismen (GVO) beruhen, ohne vorherige Prüfung auf Umweltverträglichkeit in klinischen Studien geprüft werden. Das berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland unter Berufung auf den Rat der Mitgliedstaaten. Das EU-Parlament hat den Vorschlag des Rats am Freitag angenommen.

Die Regelung gilt laut Beschluss auch, wenn Mitgliedsstaaten den Einsatz von offiziell noch nicht genehmigten Covid-19-Arzneimitteln mit genetisch veränderten Organismen erlauben wollen. Die neue EU-Verordnung gilt, solange die Weltgesundheitsorganisation Covid-19 als Pandemie betrachtet oder solange ein Beschluss der Kommission gilt, mit dem sie eine gesundheitliche Krisensituation aufgrund von Covid-19 feststellt.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte dazu: "Diese Verordnung wird sicherstellen, dass klinische Prüfungen in der EU ohne Verzögerung starten können und dass keine wertvolle Zeit verloren geht." Ein Impfstoff gegen Covid-19 werde dringend benötigt.

Sicherheit nicht gefährdet

Nach Einschätzung von Professor Wolfram Henn, Medizinethiker und Humangenetiker an der Universität des Saarlandes, sind Aspekte der medizinischen Sicherheit von der Ausnahmeregelung nicht berührt. Mit dem Beschluss würden spezifisch die vorgesehenen Impfstudien im Kontext der Corona-Pandemie von zeitraubenden umweltrechtlichen Zulassungsverfahren freigestellt, die eigentlich für Feldversuche mit genetisch modifizierten Nutzpflanzen oder Bakterien gedacht seien, sagte er gegenüber "Forschung & Lehre".

"Angesichts der Tatsache, dass global betrachtet jeder Tag, um den sich die Verfügbarkeit eines SARS-CoV2-Impfstoffes verzögert, Tausende von Menschenleben kosten kann, ist die Güterabwägung zugunsten dieser Regelung vollkommen klar", so Henn. Ein nachgelagerter, aber nicht unwichtiger Aspekt sei darüber hinaus, dass in Ländern wie China oder den USA solch administrative Verzögerungen für Impfstoffentwicklungen nicht existierten und die EU mit ihrer internen Ausnahmeregelung ihre Wettbewerbsfähigkeit steigere.

"Nachdem die Grundlagenforschung erste ermutigende Ergebnisse hinsichtlich Nukleinsäuren-basierter Impfstoffe erbracht hat, stehen nun länderübergreifende Anwendungsstudien als nächsten Schritt zur Implementierung dieser neuen Form von Impfstoffen an", sagte Henn zum Stand der Impfstoffentwicklung gegen Covid-19.

Ende März waren in Deutschland bereits 280 Arzneimittel auf dem Markt, die gentechnisch hergestellt sind, berichtete "i-bio Information Biowissenschaften" auf "transgen". Viele weitere befänden sich in klinischen Tests. Ohne Gentechnik gehe vor allem bei der Entwicklung von Impfstoffen gar nichts.

ckr