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Umwelt
Zahl und Vielfalt der Insekten in Deutschland schwinden

Wissenschaftler haben über zehn Jahre regelmäßig Insekten gesammelt. Ihre Messdaten bestätigen einen umfassenden Insektenschwund in Deutschland.

30.10.2019

Auf Wiesen und in Wäldern in Deutschland sind deutlich weniger Insekten und andere Gliederfüßer unterwegs als noch vor einem Jahrzehnt. Das belegen neue Daten aus drei Regionen Deutschlands, die Forscher unter Leitung der Technischen Universität München (TUM) ausgewertet haben. Zumindest in den Graslandschaften stehe der Artenschwund vermutlich im Zusammenhang mit der Landwirtschaft, schreiben die Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature".

Bisher gibt es in Deutschland nur vereinzelt größere Datensammlungen zur Entwicklung der Insektenzahlen in den vergangenen Jahrzehnten, die sich entweder auf das Gesamtgewicht aller Insekten oder einzelne Arten konzentrierten. Das Team um Sebastian Seibold vom Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie der TUM hatte zwischen 2008 und 2017 regelmäßig Insekten und andere Gliederfüßer wie Spinnentiere und Tausendfüßer an insgesamt 290 Standorten in drei Regionen Deutschlands gesammelt: im Raum Münsingen auf der Schwäbischen Alb, im Hainich – einem bewaldeten Höhenrücken in Thüringen – sowie in der brandenburgischen Schorfheide.

Artenvielfalt um ein Drittel gesunken

Insgesamt analysierten die Wissenschaftler Daten von mehr als einer Million Insekten, die zu mehr als 2.700 Arten gehörten. Sowohl auf Wiesen als auch in Wäldern ging die Zahl der Arten, also die Vielfalt, im Untersuchungszeitraum um etwa ein Drittel zurück. Auch die Gesamtmasse an Gliederfüßern nahm ab, besonders ausgeprägt in den Graslandschaften – um 67 Prozent. In den Wäldern schrumpfte sie um etwa 40 Prozent. Bei der Auswertung berücksichtigten die Forscher den Einfluss schwankender Wetterbedingungen.

"Dass solch ein Rückgang über nur ein Jahrzehnt festgestellt werden kann, haben wir nicht erwartet – das ist erschreckend, passt aber in das Bild, das immer mehr Studien zeichnen", sagte Wolfgang Weisser von der TUM, einer der Initiatoren des Projekts.

Die genaue Ursache für den Artenschwund konnten die Forscher nicht ausmachen, sie vermuten aber in der intensiven Landwirtschaft einen bedeutsamen Faktor. So stellten sie fest, dass der Schwund von Insekten und anderen Gliederfüßern auf jenen Grasflächen besonders ausgeprägt war, die von landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen umgeben waren. Die Experten betonen in der Studie: "Um den Rückgang aufzuhalten, benötigen wir ausgehend von unseren Ergebnissen eine stärkere Abstimmung und Koordination auf regionaler und nationaler Ebene."

dpa