Eine EU-Flagge weht im Wind.
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Ratspräsidentschaft
Kürzungen bei EU-Forschung geplant

Zwischen 2025 und 2027 könnten bis zu 5,3 Milliarden Euro bei EU-Forschungsprogrammen wegfallen. Das geht aus einem geleakten Papier hervor.

04.12.2023

Der Redaktion des Netzwerks "Science Business" liegt ein geleaktes Dokument der spanischen EU-Ratspräsidentschaft vor. Diese schlägt vor, die Ausgaben für EU-Forschungsprogramme drastisch zu kürzen. Das EU-Forschungsprogramm könnte insgesamt bis zu 5,3 Milliarden Euro verlieren, die meisten Abstriche seien offenbar für Horizon Europe vorgesehen. Der Vorschlag sei auf Botschafter-Ebene bereits am 23. November beraten worden. Mit den Streichungen bei der Wissenschaft sollen gestiegene Zinsen aus dem EU-Rettungsfonds gegenfinanziert werden.

In dem durchgesickerten Arbeitsdokument, das letzte Woche an die EU-Mitgliedstaaten verschickt wurde, werden Kürzungen aller EU-Programme im Zeitraum von 2025 bis 2027 in drei möglichen Szenarien skizziert: um 3,4 Prozent, 6,8 Prozent oder 13,5 Prozent. Während Horizon Europe mit der größten Kürzung rechnen müsste, würden auch andere forschungsbezogene Programme wie Erasmus+, EU4Health und Digital Europe Kürzungen von bis zu 13,5 Prozent verzeichnen. Selbst die kleinste vorgeschlagene Kürzung würde eine Kürzung des Budgets von Horizon Europe um 1,3 Milliarden Euro bedeuten.

Erste Reaktionen aus der Forschung und dem EU-Parlament

"Science Business" zitiert Kurt Deketelaere, Generalsekretär der League of European Research Intensive Universities, mit den Worten, eine solche Entscheidung wäre "eine Katastrophe und ein völliges Negieren der EU-Rhetorik hinsichtlich der strategischen Autonomie, für die mehr Forschungs- und Innovationsinvestitionen eine absolute Voraussetzung sind." Für Thomas Estermann, Direktor der European University Association, wären die Kürzungen ein Schlag gegen die Wettbewerbsfähigkeit Europas. Dies unterstreiche die Notwendigkeit, Forschungsgelder besser vor Kürzungen zu schützen. "Es zeigt, wie wichtig es ist, größere Sicherheit für vereinbarte Mittel zu haben", sagte Estermann. Gelder aus einem der Förderprogramme mit der höchsten Wertschöpfung Europas zu nehmen, sei nicht der richtige Weg.

Jan Olbrycht, Berichterstatter des EU-Parlaments zu diesem Thema, sagte gegenüber "Science Business", dass jegliche Kürzungen die laufenden Diskussionen im Parlament und auch die Vision der Kommission, das EU-Forschungsprogramm im Rahmen des EU-Haushalts zu stärken, zunichte machen würden. "Im Falle von Kürzungen müssten wir Gelder aus den Programmen nehmen, die wir letztlich stärken wollen", sagte Olbrych. "Das Europäische Parlament hat sowohl in seinem Bericht zur Überarbeitung des mehrjährigen Finanzrahmens als auch in der kürzlich geschlossenen Einigung zum Haushalt 2024 seine Position zum Ausdruck gebracht: Die Finanzierung von Forschung und Innovation muss gestärkt werden."

Der EU-Abgeordnete Christian Ehler, eine der führenden Stimmen des Parlaments in Sachen Forschung, sagte, solche Kürzungen würden die Klimaziele, die Wettbewerbsfähigkeit und die digitalen Ambitionen Europas gefährden. "Dieser Vorschlag unterstreicht einmal mehr, dass die Mitgliedstaaten bereit sind, die Zukunft Europas zu zerstören, wenn sie dadurch im nächsten Jahr Geld sparen", so Ehler. "Schlimmer noch, es ist ein Affront gegen den inhärenten Wert von Wissenschaft und Innovation für das europäische Projekt." Ob die Mitgliedsstaaten und das EU-Parlament der Kürzung in dem genannten Umfang zustimmen werden, ist zu aktuellen Zeitpunkt noch unklar.

pj