Anja Karliczek
BMBF/Hans-Joachim Rickel

Bildungswesen
Starker Trend zu Drittmitteln – geringer Beitrag zur Lehre

Wissenschaftsministerin Anja Karliczek hat den Bildungsbericht 2018 mit vorgestellt. Die Erträge von Bildung sollten stärker im Fokus stehen.

22.06.2018

Wissenschaftsministerin Anja Karliczek hat am Freitag den Nationalen Bildungsbericht 2018 vorgestellt. Mit dabei waren auch der Präsident der Kultusministerkonferenz Helmut Holter und Professor Dr. Kai Maaz, Sprecher der Autorengruppe und Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF).

Schwerpunktmäßig ging es in dem aktuellen Bericht darum, die "Wirkung und Erträge von Bildung" zu untersuchen. Damit wollten sich die Autoren nach eigenen Angaben von einer "deskriptiven-explorativen" Herangehensweise lösen und stärker auf den gesellschaftlichen und ökonomischen Nutzen von Bildung schauen.

Auf konkrete Reformen wie Bologna oder G8 geht der Bericht nicht näher ein. So heißt es mit Blick auf die vielumstrittene Bologna-Reform, dass eine systematische Beurteilung unmöglich sei, weil es bisher keine Daten zu den Einkommensverläufen von Bachelor- und Masterabsolventen in Deutschland über den gesamten Erwerbszeitraum gebe. Eine kürzere Studienzeit könnte zu einem früheren Berufseinstige führen; ob dies jedoch so ist, könne man nicht sagen. Auch der Ertrag von G8 könne noch nicht abgeschätzt werden.

Bei der Vorstellung des Berichts betonte Karliczek erneut die noch immer bestehende Bildungsgerechtigkeit in Deutschland. Sie wolle möglichst früh im Bildungswesen ansetzen. "Die soziale Herkunft hat nach wie vor einen zu starken Einfluss auf den Bildungserfolg", sagte sie. "Mit dem Ausbau des Angebotes der Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, der Initiative für Brennpunktschulen und der BAföG-Reform haben wir verschiedene Instrumente dafür schon im Koalitionsvertrag verankert. Die Umsetzung gehen wir jetzt an."

Die Autoren schließen nicht aus, berufliche und akademische Bildung und deren Gleichstellung neu zu "justieren". Dabei geht es darum, das Bildungssystem durchlässiger zu machen. Dabei könnten auch Weiterbildungen und andere im Berufsverlauf erworbene Kompetenzen ein stärkeres Gewicht bekommen.

"Deutliches Wachstum des Hochschulsystems"

Dem Bericht zufolge sei das Hochschulsystem stark gewachsen und habe sich deutlich gewandelt. Die Zahl der Hochschulen habe seit Mitte der 1990er-Jahre um gut 100 auf etwa 400 zugenommen, überwiegend im privaten Hochschulsektor. Damit adressierten die privaten Hochschulen eine – mit weniger als 10 Prozent der Studierenden – kleine, aber wachsende Gruppe, zum Beispiele jene, die berufsbegleitend studieren wollten.

Insgesamt sei das Studienangebot mit zuletzt etwa 10.000 grundständigen und 9.000 weiterführenden Studiengängen unübersichtlicher geworden. Vor allem der Ausbau der Fachhochschulen, gerade auch in privater Trägerschaft, hat laut Bericht zusammen mit der Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen zu neuen und spezialisierten Studienangeboten geführt.

Die Autoren des Berichts halten das duale Studium für zunehmend bedeutend. Es trüge dazu bei, dass Studierende eine größere Entscheidungsfreiheit hätten. Dies sei für den Studienerfolg immer wichtiger, auch um die immer noch hohe Quote an Studienabbrüchen zu verringern.

Etwa ein Fünftel der Studierenden hat laut Bericht eine berufliche Ausbildung vor dem Studium absolviert. Zudem komme ein mit circa drei Prozent kleiner, aber gestiegener Anteil ohne schulische Hochschulreife an die Hochschule. Knapp ein Drittel der Studierenden studiere faktisch in Teilzeit und müsse das Studium mit anderen Verpflichtungen in Einklang bringen.

Der steigende Anteil Studierender aus dem Ausland spreche für die hohe Attraktivität eines Hochschulstudiums in Deutschland. Die zunehmende Internationalisierung an den Hochschulen erfordere gleichzeitig ein differenziertes Studienangebot, das auf unterschiedliche Lebenslagen und individuelle Lernbedürfnisse angemessen eingehe.

Lehre stemmt vor allem der akademische Mittelbau

Auch das Personal an Hochschulen nimmt der Bericht in den Blick. Dabei wird der Trend deutlich, dass die Lehre vor allem wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterinnen stemmen, die wiederum vor allem über Drittmittel finanziert werden. Das wiederum ermögliche keine langfristige oder sogar mittelfristige Planung. Denn Drittmittelverträge kommen mit befristeten Stellen einher.
Anders sei es an den Fachhochschulen: Hier übernähmen die Professorinnen und Professoren laut Bericht die Hälfte der Lehrveranstaltungen. Ihr Fokus auf Forschung ist geringer.

Insgesamt sei an den Universitäten die Zahl der Professorinnen und Professoren in den letzten 10 Jahren um 16 Prozent gestiegen, in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) etwas geringer. Der akademische Mittelbau sei währenddessen um 25 Prozent in Vollzeitstellen gewachsen.

Die zunehmende Drittmittelfinanzierung wird im Bericht als eine Chance für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dargestellt, sich weiter qualifizieren zu können. Gleichzeitig wird die zunehmende Befristung und Teilzeitbeschäftigung genannt. 30 Prozent der befristet Beschäftigten seien 2016 über 35 Jahre alt gewesen. Etwa ein Fünftel bleibe langfristig in Forschung und Entwicklung.

Auch im Nationalen Bildungsbericht wird das Karriereziel einer Professur daher als Weg mit "erheblichen Hürden" beschrieben. Zwischen der Promotion mit durchschnittlich 32 Jahren und der Erstberufung lägen im Schnitt 10 Jahre. Die Berufungsquote läge sowohl an

Das Bildungsniveau in Deutschland hat sich laut Bericht in den vergangenen Jahren insgesamt positiv entwickelt: Hatten 2006 noch 23 Prozent der Bevölkerung ab 15 Jahren die Hochschulreife, waren es 2016 bereits 31 Prozent. Die Anzahl der Studienanfänger lag im Jahr 2017 mit 511.000 zum fünften Mal in Folge über einer halben Million. Die Studienanfängerquote lag 2016 bei 45 Prozent, unter der Berücksichtigung der internationalen Studierenden bei 57 Prozent.
Der Bildungsbericht zeigt aktuelle Trends aus Kitas, Schulen und Hochschulen. Er wird alle zwei Jahre von einer Wissenschaftlergruppe unter Leitung des DIPF erarbeitet, 2018 zum siebten Mal.

kas/gri