Auf einer braunen Holzfläche liegt ein Stapel von weißen, kleinen Büchern mit der Aufschrift "Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland"
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Demokratie
Stimmen aus der Wissenschaft betonen Bedeutung des Rechtsstaats

Das HRK-Präsidium und Max-Planck-Präsident Cramer verurteilen Rechtsextremismus. Wissenschaft brauche eine freiheitliche Demokratie.

24.01.2024

In einer aktuellen Pressemitteilung betont das Präsidium der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) die Bedeutung des demokratischen Rechtsstaats für die Hochschulen: "Freiheitliche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind die unverrückbaren Säulen unseres Landes und seiner Institutionen. Sie sind auch wesentliche Voraussetzung für die Existenz eines wettbewerbsfähigen und international kompatiblen deutschen Hochschulsystems." 

Per Stellungnahme in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 17.1. äußert sich Max-Planck-Präsident Patrick Cramer ebenso bestimmt im Sinne einer offenen, vielfältigen Gesellschaft: "Wir brauchen eine offene Gesellschaft, die Talente anzieht und ein Umfeld schafft, in dem sich Menschen entfalten können. Davon profitieren nicht nur Forschung und Wirtschaft, denn ausländische Mitarbeitende bringen sich vielfach auch in das gesellschaftliche Leben ein. Im internationalen Vergleich ist Deutschland allerdings ein wenig attraktives Ziel. Ausländische Fachkräfte fühlen sich bei uns kaum willkommen." 

Der Vorsitzende des Bundestagsforschungsausschusses, Kai Gehring (Grüne), sieht in der AfD eine Gefahr für die Wissenschaft in Deutschland. "Völkisch-nationalistische Ideologien, Rassismus und Wissenschaftsleugnung gefährden unseren Wissenschaftsstandort und damit auch unsere wirtschaftliche Zukunft", sagte Gehring der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Ausschussvorsitzende warf der AfD vor, gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse infrage zu stellen und Forschende mit Ideologievorwürfen zu überziehen. Die Partei wolle Forschungsfeldern, die ihnen missfalle, die finanzielle Grundlage entziehen.

Wissenschaftsvertreter: Ausländische Talente unverzichtbar 

Sowohl das HRK-Präsidium als auch der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft zeigen sich entrüstet über antidemokratische, rechtsextreme, menschenfeindliche und rassistische Bestrebungen in Teilen der deutschen Gesellschaft. Sie betonen die enorme Bedeutung internationaler Talente für unsere Wirtschaft, Wissenschaft und die Bevölkerung. Den Wissenschaftsvertretern geht es in ihren Positionierungen darum, die Wissenschaft, Politik und die Medien dazu aufzurufen, die Grundwerte der Verfassung zu verteidigen und den hohen Wert der demokratischen Grundordnung sichtbar zu machen. 

Cramer in der FAZ: "Internationale Talente werden aber nicht nur in Führungspositionen benötigt, sondern überall. Unter unseren Promovierenden liegt der Anteil ausländischer Forscher und Forscherinnen bereits heute bei 60 Prozent, bei den Postdocs sogar bei 80 Prozent. (…) Wer seine Talente bei uns einbringt, muss auch eine Perspektive in unserem Land haben. (…) Die Zahl der Auszubildenden mit ausländischer Staatsangehörigkeit hat sich in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um 64 Prozent auf knapp 55.000 erhöht. Diese Menschen sind für unser Land unverzichtbar." 

Das HRK-Präsidium wendet sich explizit gegen jede Art Diskriminierung: "Auch der im Grundgesetz verbriefte rechtliche Schutz vor Diskriminierung in jeder Form ist ein Pfeiler unserer wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Vielfalt von internationalen Perspektiven und Hintergründen macht unsere Wissenschaft stark und trägt wesentlich zu ihrem Fortschritt bei. Wir sind stolz darauf und unterstützen ausdrücklich, dass an unseren Hochschulen Menschen aus aller Welt und mit den unterschiedlichsten Hintergründen studieren und arbeiten." 

Der Vorsitzende des Bundestagsforschungsausschusses Gehring erinnerte auch an die vielen internationalen Studenten und Wissenschaftler in Deutschland. "Hohe Umfragewerte für die AfD führen bei ersten internationalen Spitzenkräften zu Zweifeln, ob Deutschland der richtige Standort für ihre Forschung ist", sagte er. "Kreativität, Vielfalt und Erfindergeist in Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Akademien machen unser Land hochinnovativ, wettbewerbsfähig und sichern unser internationales Renommee", erklärte Gehring. "Dieses Fundament für zukünftigen Wohlstand bedroht die AfD, indem sie Verschwörungsmythen verbreitet, gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse mit Desinformationskampagnen angreift und Fakten durch Fake-News in Misskredit bringt."

Zuwanderung: Forderung nach verantwortungsvoller Berichterstattung 

Laut dem Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft sei es absolute Pflicht von Politik und Medien, "ihre Worte verantwortungsvoll zu wählen und die Grenzen des Sagbaren nicht zu verschieben." Das vergifte den Diskurs, und Worten folgten schnell Taten. Zudem sei es laut aktueller Studien des Max-Planck-Instituts Göttingen als auch der Bertelsmann-Stiftung nachgewiesen, dass die große Mehrheit der Bevölkerung Zuwanderung als Gewinn empfinde und Skepsis kontinuierlich abnehme. "Parolen und plakative Zuspitzungen" könnten das gesellschaftliche Klima aber vergiften. 

Das HRK-Präsidium endet hierzu ihre Pressemitteilung mit einem Appell: "Die steigende Tendenz im öffentlichen und politischen Raum, den gesellschaftlichen Diskurs inhaltlich und tonal zu verändern, um Wissenschaftsfeindlichkeit, Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit, Rassismus, Intoleranz und auf Ausgrenzung fußende Ideen und Feindbilder zu normalisieren, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu zersetzen und das Vertrauen in die freiheitliche Demokratie zu untergraben, ist höchst alarmierend. Dem stellen wir uns als Präsidium der HRK klar entgegen. Jedes einzelne Mitglied unserer Hochschulen ist gefordert, für die Grundwerte unserer Verfassung einzutreten."

Dieser Artikel wurde am 25.1. um 12:15 Uhr aktualisiert. Zuerst veröffentlicht wurde er am 24.1. 

cva