"THE COW POCK" oder "the Wonderful Effects of the new Inoculation": Der satirische Cartoon von James Gillray aus dem Jahr 1802 zeigt die vermeintlichen Folgen einer Pockenimpfung mit Kuhpocken.
picture alliance / Mary Evans Picture Library

Wissenschaftsgeschichte
Cartoon-Sammlung zeigt Wissenschafts-Satire

Eine Forscherin sammelt alte Cartoons. Die Karikaturen zeigen historische Momentaufnahmen von gesellschaftspolitischen Debatten.

06.02.2021

Öffentliche Debatten um Forschungsthemen wie Energietechnik oder Impfungen sind kein Phänomen der Gegenwart. Das zeigen alte Illustrationen, die die Wissenschaftshistorikerin Dr. Patricia Fara von der University of Cambridge während ihrer jahrzehntelangen Forschungsarbeit gesammelt hat. Die Künstlerinnen und Künstler skizzierten darin die gesellschaftlichen und politischen Spannungen, die im Zusammenhang mit neuen wissenschaftlichen Ideen vorherrschten, in erstaunlichem Detail, berichtete "Nature" Anfang der Woche.

42 Cartoons und Karikaturen mit Wissenschaftsbezug aus dem 18. und 19. Jahrhundert habe Fara bislang zusammengetragen. Sie stammten von Künstlern wie William Hogarth und James Gillray, die meisten aus Großbritannien und den USA. Als die "Memes" und "Youtube-Videos" ihrer Zeit hätten sie weite Teile der Gesellschaft erreicht und die öffentliche Meinung beeinflusst. Zunächst hätten Geschäfte die handgefertigten, bunten Arbeiten in ihren Schaufenstern ausgestellt, reiche Bürgerinnen und Bürger hätten sie ihren Gästen präsentiert. Später hätten sich Schwarz-Weiß-Zeichnungen über Zeitungen verbreitet.

"Um sie richtig zu verstehen, muss man ziemlich viel Wissen haben", sagte die Historikerin im Interview mit "Nature". Die detaillierten Skizzen seien unglaublich informativ und informiert gewesen. "Witze, die früher offensichtlich erschienen, müssen jetzt entschlüsselt werden." Eines der beliebtesten Motive der Karikaturen sei Charles Darwin gewesen. Meist sei er als freundlicher Affe im Zusammenhang mit Aspekten seiner Evolutionstheorie dargestellt worden. Häufig hätten die Bilder auch rassistische und sexistische Darstellungen enthalten. Wissenschaftlerinnen wie die Astronomin Caroline Herschel seien als Freak dargestellt worden.

Auch Impfungen seien ein häufiges Thema gewesen. Noch lange nachdem sie begründet waren hätten die historischen Bilder die gesellschaftlichen Sorgen vor dem neu eingeführten Pockenimpfstoff widergespiegelt. Anders als heute habe sich der Spott damals gegen die Forschung selbst gerichtet. "In modernen Cartoons werden nicht Wissenschaftler und Ärzte verspottet, sondern Politiker", sagte Fara. "Ich habe einen wunderbaren deutschen Cartoon über den Brexit und die im letzten Jahr im Vereinigten Königreich entdeckte Variante gesehen. Es zeigte ein großes, fettes Virus, das mit einem Union Jack bemalt war und selbstgefällig lachte, weil das Vereinigte Königreich eine andere Krankheit hatte als das übrige Europa."

ckr