Potenzieller Homininen-Fußabdruck, der in Schöningen gefunden wurde.
Senckenberg

Archäologie
Deutschlands älteste bekannte menschliche Fußspuren

Die frühesten in Deutschland gefundenen Urmensch-Fußspuren sind etwa 300.000 Jahre alt. Sie könnten während eines Familienausflugs entstanden sein.

14.05.2023

In Niedersachsen hat ein Forschungsteam die vermutlich ältesten bekannten Fußspuren von Urmenschen in Deutschland entdeckt. Die drei etwa 300.000 Jahre alten Abdrücke wurden in einer Ausgrabungsstätte in Schöningen (Landkreis Helmstedt in Niedersachsen) gefunden. Die Gruppe um Dr. Flavio Altamura von der Universität Tübingen und des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment vermutet im Fachjournal "Quaternary Science Reviews", dass die Spuren vom Homo heidelbergensis stammen – dem Vorläufer des Neandertalers.

Einblicke ins urzeitliche Ökosystem

Die Abdrücke – zwei davon stammen von jungen Individuen – sind umgeben von mehreren Tierspuren unter anderem von Waldelefanten und Nashörnern. Gemeinsam ergebe dies ein Bild des damaligen Ökosystems, so die Forschenden. Vor 300.000 Jahren habe das Gebiet der Funde vermutlich über einen wenige Kilometer langen und einige hundert Meter breiten See inmitten eines offenen Birken- und Kiefernwalds verfügt. Je nach Jahreszeit habe es rund um den See Pflanzen, Früchte, Blätter, Triebe und Pilze gegeben, die Urmenschen und Tiere nutzten. "Unsere Funde bestätigen, dass die ausgestorbene Menschenart sich an See- oder Flussufern mit flachem Wasser aufhielt", wird Erstautor Altamura in einer Mitteilung der Universität zitiert.

Die Funde in Schöningen sind der Analyse zufolge eine Momentaufnahme eines Familienalltags und könnten unter anderem Auskunft über das Verhalten und die soziale Zusammensetzung dieser Urmenschen geben. "Es handelt sich aufgrund der Spuren auch von Kindern und Jugendlichen wohl eher um einen Familienausflug als um eine Gruppe erwachsener Jagender", sagt Altamura.

Für Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs belegen die neuen Erkenntnisse zum wiederholten Male die herausragende Bedeutung der Fundstelle in Schöningen. In dem ehemaligen Braunkohletagebau waren in den 1990er Jahren die ältesten Jagdwaffen der Menschheit gefunden worden. Die Entdeckung der etwa 300.000 Jahre alten Schöninger Speere aus Holz galt als Weltsensation. 2017 wurde hier zudem das nahezu vollständige Skelett eines eurasischen Waldelefanten entdeckt.

dpa/cpy