Abbildung eines Enzym-Substrat-Komplexes: Das neue KI-basierte ESP-Modell sagt die Verarbeitung von Substraten durch Enzyme voraus.
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Bioinformatik
KI sagt Funktion von Enzymen voraus

Mit welchen Molekülen Enzyme arbeiten, ist oft schwer zu messen. Eine künstliche Intelligenz könnte künftig aufwändige Experimente ersetzen.

17.05.2023

Forscher haben eine auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Methode entwickelt, die mit hoher Genauigkeit voraussagt, ob ein beliebiges Enzym bestimmte molekulare Bausteine weiterverarbeiten kann. Das erlaubt unter anderem in der Biotechnologie oder Arzneimittelforschung eine schnellere Einschätzung, wie Enzyme funktionieren. Die Studie des internationalen Forschungsteams ist am Montag in der Fachzeitschrift "Nature Communications" erschienen. Publiziert haben sie Bioinformatiker der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der Chalmers University of Technology in Göteborg und des Indian Institute of Technology in Mumbai.

Enzyme sind wichtige Biokatalysatoren, die in allen lebenden Zellen die chemischen Reaktionen des Stoffwechsels ermöglichen. Von den meist Tausenden verschiedenen Enzymen ist jedes für eine ganz bestimmte Reaktion verantwortlich. Herauszufinden, welche Ausgangsmoleküle (Substrate) ein bestimmtes Enzym konkret in welches Endmolekül (Produkt) umwandelt, ist auch experimentell möglich, aber oft sehr zeit- und kostenaufwändig. Mit dem KI-Verfahren geht das nun deutlich schneller.

Im Unterschied zu früheren Ansätzen sei das ESP genannte Modell ("Enzyme-Substrate-Prediction") nicht auf einzelne, spezielle Enzyme und ihre nahen Verwandten beschränkt, erklärte der Düsseldorfer Professor Martin Lercher. "Unser allgemeines Modell kann mit jeder Kombination aus einem beliebigen Enzym und über 1.000 verschiedenen Substraten arbeiten."

Daten aus Experimenten reduzieren Anzahl künftiger Experimente

Damit die KI dies kann, haben die Forschenden sie mit Daten trainiert. Sie übersetzten rund 18.000 aus Experimenten bekannte funktionierende Enzym-Substrat-Kombinationen in numerische Vektoren und überführten diese in ein Deep Learning-Modell. Auf einen Testdatensatz angewandt, habe das so trainierte Modell in 91 Prozent der Fälle korrekt vorausgesagt, welche Substrate zu welchen Enzymen passen.

Mit der Methode könnten Forschende künftig aus einer großen Menge an möglichen Kombinationen die vielversprechendsten herausfiltern, um damit zum Beispiel neue Medikamente, Chemikalien oder Biokraftstoffe enzymatisch herzustellen, erklärte Lercher. Auch in der Grundlagenforschung könne mit dem Verfahren der enzymatische Stoffwechsel verschiedener Organismen besser verstanden werden.

ckr