Gelbe Säcke mit Kunststoffabfall liegen auf einem Gehweg.
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Biotechnologie
Plastik-"verdauende" Enzyme könnten Abfallproblem lindern

Manche Enzyme können Kunststoffe zersetzen und das Recycling von Plastikmüll vereinfachen. Forschende suchen nach effektiven Kandidaten.

13.03.2023

Im Kampf gegen Plastikabfall setzen Forschende vermehrt auf Enzyme, die manche Kunststoffe quasi verdauen können. "Das ist tatsächlich im Moment ein sehr verbreitetes oder heißes Thema", sagte der Doktorand Yannick Branson vom Institut für Biochemie der Universität Greifswald der Deutschen Presse-Agentur.

Bei solchen Verfahren zersetzen Enzyme Plastik, das aus Molekülketten – sogenannten Polymeren – besteht, in seine einzelnen Bestandteile, aus denen wiederum neue Kunststoffe hergestellt werden. Dies soll nicht nur das Recycling verbessern, sondern im Vergleich zu chemischen Verfahren, die oft hohe Temperaturen oder hohen Druck benötigen, auch Energie sparen. Enzyme kommen in allen Lebewesen vor und beschleunigen dort Prozesse des Stoffwechsels, etwa bei der Verdauung. Solche Biokatalysatoren werden seit Jahren zunehmend in der Biotechnologie genutzt, wo Forschende das Prinzip unter anderem auf Kunststoffe übertragen.

Branson ist Teil eines Teams um den Greifswalder Professor Uwe Bornscheuer, das kürzlich drei verschiedene Enzyme gefunden hat, die Polyurethan in seine Bestandteile zerlegen können. Dieser Kunststoff kommt etwa in Matratzen und Dämmstoffen vor, aber auch in Turnschuhen und Kissen. Auch Polyvinylalkohole (PVA), die etwa als Folien für Verpackungen genutzt werden, hat das Team bereits mit Enzymen zersetzt. Nach Einschätzung Bornscheuers wird es jedoch noch einige Jahre dauern, bis die Ergebnisse industriell genutzt werden können.

Ein anderes Team um den Leipziger Chemiker Dr. Christian Sonnendecker hat jüngst ein Enzym entdeckt, das PET – bekannt etwa aus Plastikflaschen – besonders schnell zersetzt. Diese Gruppe will die Technologie bald mit einem Start-Up auf den Markt bringen. Zwar werde etwa in Frankreich schon am PET-Recycling mittels Enzymen im industriellen Maßstab gearbeitet. Sonnendeckers Team hoffe aber, dass das von ihm entdeckte Enzym wesentlich schneller arbeite.

Den Forschenden zufolge werde es allerdings nicht für alle gängigen Kunststoffe eine sinnvolle enzymatische Recyclingoption geben. Enzyme dienten nicht als Allheilmittel gegen die zunehmende Kunststoffflut. Derzeit würden weltweit schätzungsweise 360 Millionen Tonnen Plastik produziert. Und: "Es werden jedes Jahr ungefähr 20 Millionen Tonnen mehr", so Bornscheuer.

dpa/ckr