Albert Gouaffo, Professor an der Universität Dschang (Kamerun), und Bénédicte Savoy, Professorin an der Technischen Universität Berlin, haben am Freitag eine Studie zu Kulturgütern aus Kamerun in deutschen Museen vorgestellt.
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Provenienzforschung
Studie beziffert Objekte aus Kamerun in deutschen Museen

Forschende haben untersucht, wieviele Kulturgüter aus Kamerun in hiesigen Museen liegen. Das Ausmaß sei erschütternd, die Dunkelziffer hoch.

02.06.2023

In deutschen Museen lagern mehr als 40.000 Objekte aus der früheren Kolonie Kamerun. Zu diesem Ergebnis kommt die Untersuchung "Atlas der Abwesenheit. Kameruns Kulturerbe in Deutschland" einer Gruppe von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um die in Berlin lehrende Kunsthistorikerin Professorin Bénédicte Savoy in Zusammenarbeit mit sieben deutschen Museen. 2018 hatte die 51-Jährige bereits mit dem senegalesischen Sozialwissenschaftler Professor Felwine Sarr einen Bericht über koloniale Kulturgüter für Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron vorgelegt.

Kamerun war von 1884 bis 1919 eine deutsche Kolonie. In dieser Zeit wurden Objekte wie Musikinstrumente, Textilien, Waffen, Schmuck, Architekturelemente, Gebrauchsgegenstände, rituelle Statuen oder Masken ins Deutsche Reich gebracht.

Kolonialgüter aus Kamerun: Forschende von Dimensionen überrascht

Die afrikanischen und europäischen Beteiligten der Technischen Universität (TU) Berlin um Savoy und der Université de Dschang in Kamerun um den Kulturwissenschaftler Professor Albert Gouaffo sehen den "Atlas der Abwesenheit" als Beitrag zur Restitutionsdebatte. Sie ahnten nach den Worten von Savoy zu Beginn der Arbeit nicht, "in welch ungeheuren Dimensionen das materielle Kulturerbe aus Kamerun in deutschen ethnologischen Museen präsent und wie erschütternd zugleich die Unkenntnis davon ist, sowohl in Kamerun als auch in Deutschland".

Das Forschungsteam geht jenseits der erfassten Objekte von einer hohen Dunkelziffer aus. In einzelnen Museen sei die Zahl etwa doppelt so hoch, hieß es am Freitag in Berlin während einer Tagung zum Thema. Savoy begründete dies etwa damit, dass nach dem Zweiten Weltkrieg in Westdeutschland vor Verzeichnissen gewarnt worden sei. "So würden Begehrlichkeiten erst recht geweckt werden", zitierte sie aus einem Papier zur Abwehr von Restitutionsforderungen. "In den darauffolgenden Jahrzehnten setzte sich diese Haltung stillschweigend durch", so Savoy.

Eine Veränderung macht die Wissenschaftlerin an der Entwicklung um die Eigentumsübertragung und Rückgabe von Benin-Bronzen aus deutschen Museen an Nigeria fest. "Statt 'keine Begehrlichkeiten wecken' zu wollen, sind viele deutsche Museen jetzt darum bemüht, auch außerhalb ihrer Institution laufende Anstrengungen um die 'Restitution of Knowledge' zu fördern – oder zumindest nicht mehr zu verhindern", beschrieb die Wissenschaftlerin die Entwicklung.

dpa