kirchenhistorische Forschung
Weihnachtsfest hat wohl antike Ursprünge
Am 25. Dezember feiern weltweit die meisten Christen die Geburt Jesu. In Wahrheit ist der genaue Tag nicht bekannt. "Wir kennen nicht einmal das exakte Jahr", sind sich Experten einig. Grund für die ungenaue Überlieferung sei, dass um die Zeitenwende herum Geburtstage einfach nicht gefeiert wurden. Sie hätten keinerlei Bedeutung gehabt. Der Ursprung des Weihnachtsfestes muss also woanders liegen.
Die Untersuchung des Weihnachtsfestes führt mitten in eines der schwierigsten Gebiete kirchenhistorischer Forschung. Die Quellenlage sei unbefriedigend, trotzdem lasse sich ein plausibles Szenario rekonstruieren, sagt Kirchenhistoriker Professor Martin Wallraff von der LMU München. Um die Weihnachtstradition zu erforschen, müsse man nicht bis zur Geburt Jesu zurückgehen. "Es handelt sich hierbei um ein Produkt der griechisch-römischen Welt, das im dritten bis vierten Jahrhundert im Mittelmeerraum entstanden ist." Im Umkehrschluss heißt das: Das Christentum lebte lange Zeit ohne ein Weihnachtsfest.
Das Gebiet des Römischen Reiches war zu jener Zeit durch eine Verehrung der Sonne gekennzeichnet, die unter Kaiser Aurelian ihren Durchbruch schaffte. "Von Aurelian wissen wir, dass er zu Ehren der Sonne in Rom einen Tempel errichtete und Spiele veranstaltete, so dass der Sonnenkult zum offiziellen Kult des Imperiums avancierte", sagt Kirchenhistoriker Professor Wolfram Kinzig von der Uni Bonn. Seither habe man die Sonnensymbolik etwa auch auf Münzen und Medaillen gefunden.
"Höhepunkt des Sonnenkults war der Tag des unbesiegbaren Sonnengottes, des Sol Invictus am 25. Dezember", erklärt Kinzig. Es sei nach damaligen Vorstellungen der Tag der Wintersonnenwende gewesen, der die Finsternis verdrängt habe.
Weihnachtsfest soll Sonnenkult verdrängen
Verantwortlich für die gestiegene Popularität des Lichtes seien etwa neu gewonnene astrologische Überlegungen gewesen, sagt Kinzig. Die Lehre der Sterne sei für die breite Bevölkerung und für Intellektuelle außerordentlich attraktiv gewesen.
Aus dieser "Solarreligion" soll sich nur wenig später im Christentum das Weihnachtsfest entwickelt haben. "Denn auch bei den Christen stieg das Interesse an astronomischen Festgedanken und Sonnenfesten", sagt Wallraff. Allerdings sei dieses Sonneninteresse christlich gedeutet worden – als Geburt Jesu.
Auch Kinzig bestätigt, dass die Sonnensymbolik immer mehr in das Christentum einsickerte. Die damalige Annahme: Christus sei die Sonne. "Dieser ist unsere Sonne, die wahre Sonne, die mit der Fülle ihres Lichtes die hellsten echten Feuer der Welt und der am Himmel glänzenden Sterne entzündet", heißt es etwa in einer Predigt des Bischofs Zeno von Verona Ende des vierten Jahrhunderts.
Die terminliche Überschneidung der Feste zu Ehren von Sol Invictus und der Geburt Christi – dem Weihnachtsfest – führte später zu der These, dass die Feierlichkeiten bewusst auf diesen Termin gelegt worden seien, um das ältere heidnische Fest zu verdrängen. "Diese These wird heute noch vertreten", sagt der Professor der Uni Bonn.
Exportschlager ohne Baum und Geschenke
Von Rom aus sei das Weihnachtsfest dann etwa um 380 nach Christus gewissermaßen exportiert worden. "Auch in Konstantinopel, der damaligen Hauptstadt des Oströmischen Reiches, wurde es um diese Zeit eingeführt", so der Theologe.
Das heutige Weihnachten habe sich jedoch erst im Laufe der Zeit entwickelt. Kinzig nennt hier etwa den Ochs und Esel, die ein fester Bestandteil der Weihnachtsgeschichte seien. "Die Tiere kamen vor allem in der spätantiken Kunst häufiger vor", sagt der Experte. Später habe es im Mittelalter dann den Brauch gegeben, sogenannte Mysterienspiele aufzuführen. "Das war eine Art geistliches Theater, woraus die heutigen Krippenspiele entstanden sind."
Für den Weihnachtsbaum gebe es bereits erste Belege aus dem 16. Jahrhundert. "Er wurde häufig als Paradiesbaum gesehen", erklärt Kinzig, da der 24. Dezember der Gedenktag an Adam und Eva gewesen sei. Als allgemeine Sitte habe er sich aber erst gut 300 Jahre später verbreitet – ebenso wie die Geschenktradition.
dpa