Tannenbaum mit Hinweisschild zum Tragen einer Maske
picture alliance / Uwe Zucchi | Uwe Zucchi

Corona-Pandemie
Neue Rituale für die Weihnachtszeit

Die Corona-Pandemie erfordert weiterhin starke Kontaktbeschränkungen. Was ein Resilienzforscher rät, um möglichst gut damit umgehen zu können.

Von Katrin Schmermund 20.12.2020

Forschung & Lehre: Mit den Weihnachtstagen rückt eine Zeit näher, an denen das Miteinander in der Familie für viele Menschen eine besonders große Bedeutung hat. Die Kontaktbeschränkungen schmerzen da besonders. Was wird Ihnen besonders fehlen, Herr Lieb?

Klaus Lieb: Wir werden unsere Kontakte über die Weihnachtstage deutlich reduzieren. Das bedeutet, dass wir unsere Söhne, Geschwister und Eltern in diesem Jahr nicht sehen werden. Das macht mir etwas aus. Gleichzeitig sage ich mir, dass wir hoffentlich noch einige Weihnachtsfeste vor uns haben. Vielleicht machen wir auch ein Alternativfest, sobald das wieder möglich ist. Die Gesundheit geht gerade einfach vor.

Professor Klaus Lieb ist Direktor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie und ein bekannter Resilienzforscher. privat

F&L: Die Feiertage folgen auf Monate von Einschränkungen. Wovon hängt es ab, aus einer solchen Situation das Beste machen zu können?

Klaus Lieb: Diese Zeit ist für alle Menschen belastend. Besser umgehen können damit Personen, die Situationen umdeuten können. Sie nehmen die Situation wahr, akzeptieren sie und können darin Chancen für etwas Neues erkennen. Wir gehen davon aus, dass eine solche Resilienz jedem Menschen innewohnt und gefördert werden kann.

F&L: Wie gelingt das?

Klaus Lieb: Raus aus den negativen Gedankenkreisen, aktiv gegensteuern und für positive Gefühle sorgen. Jeder ist für seine Emotionen weitestgehend selbst verantwortlich. Wir können in uns hineinhören und spüren, was uns in einem Moment guttun würde. Das ist ganz individuell. Bei einer Person ist es ein Gespräch oder Spiel mit Bekannten, bei einer anderen ist es Sport oder Musik. Auf längere Sicht betrachtet hilft es, sich bewusst coronafreie Zeiten zu schaffen, weniger über das Virus zu sprechen und sich beim Medienkonsum stärker auf andere Themen zu konzentrieren. Auch eine bewusste Tagesstruktur mit festen Ritualen hilft, gut durch Zeiten wie die Corona-Pandemie zu kommen.

"Wir wollen mit Freunden parallel das gleiche Gericht kochen und gemeinsam vor der Kamera essen."

F&L: Was haben Sie sich für die Feiertage überlegt?

Klaus Lieb: Wir wollen zum Beispiel mit Freunden parallel das gleiche Gericht kochen und gemeinsam vor der Kamera essen. Ich bin gespannt zu sehen, wie unterschiedlich die Ergebnisse ausfallen, weil doch alle ein Rezept etwas anders umsetzen werden. Corona ist dieses Jahr unser ungebetener Gast, mit dem wir umgehen müssen. Wenn wir jetzt nicht nur bis zum Weihnachtsfest denken, sondern uns solidarisch verhalten und auf unsere Gesundheit achten, können wir hoffentlich schon bald wieder so miteinander feiern, wie wir es gewohnt sind.


Weihnachten in Coronazeiten

Von der Vorweihnachtszeit bis zum Weihnachtsfest: Die Corona-Pandemie verändert gewohnte Rituale mit Familie, Freunden und im Team. Eindrücke aus der wissenschaftlichen Community.

"Seit 15 Jahren feiern wir das erste Mal als Familie Weihnachten am 24. Dezember. In allen Jahren zuvor waren mein Mann und ich mit unseren Söhnen über Weihnachten und Silvester im Skiurlaub. Damit die Großeltern Weihnachten mit den Enkeln feiern können, wurde der Heiligabend samt Bescherung immer eine Woche nach vorne verlegt. Der Weihnachtsbaum wurde anschließend noch vor der Abfahrt in die Berge abgeschmückt. Der 24. war ein ganz normaler Skitag mit leeren Pisten. Dieses Jahr werden wir ihn in Düsseldorf verbringen: wohl bei 10 Grad und Nieselregen. Da aber – ebenso wie in den Jahren zuvor – die Familie beisammen sein wird, ist das was wirklich zählt gewährleistet."

Anja Steinbeck, Rektorin der Heinrich Heine Universität Düsseldorf –

HHU/Susanne Kurz
privat

"Für unser gemeinsames Wichteln im Team haben wir in diesem Jahr Nummern zugelost und unsere Geschenke in einem Raum hinterlegt. Dort haben wir nacheinander die Geschenke abgeholt und bei einem gemeinsamen Zoom-Meeting mit Punsch und Plätzchen ausgepackt. Privat haben meine Frau und ich im Garten eine weihnachtliche Sitzecke eingerichtet, an der wir uns mit jeweils einem anderen Haushalt auf Glühwein und Bratwurst treffen bis es uns zu frisch wird."

Jürgen Handke, ehemaliger Professor am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Marburg. 2015 erhielt er den Ars legendi-Preis für Digitales Lehren und Lernen

Weihnachten in Coronazeiten

Was haben Sie sich für die Feiertage überlegt? Teilen Sie Ihre Ideen in den Kommentaren.

"Die Mitglieder meiner Arbeitsgruppe haben sich dieses Jahr – nach vielen Online-Lehrveranstaltungen, -Kolloquien und - Teammeetings – auch zu einer virtuellen Weihnachtsfeier getroffen. Ein wichtiges organisationales Ritual, um das zurückliegende Jahr gemeinsam zu reflektieren, Erfolge zu feiern und erste Planungen für das nächste Jahr vorzunehmen. Über die Feiertage sind bei mir persönlich, wie jedes Jahr, 'digitale Detoxifikation', Zeit mit der Familie und lange Spaziergänge in der Natur angesagt."

Hannes Zacher, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie am Institut für Psychologie der Universität Leipzig –

privat
privat

"In meiner Arbeitsgruppe haben wir ein schönes Weihnachtsritual: Zuerst wird ein wissenschaftlicher Vortrag gehalten, der mit Kaffee, Kakao und selbstgebackenen Plätzchen der AG-Mitglieder garniert wird. Danach werden gemeinsam Gesellschaftsspiele gespielt und Glühwein getrunken. Dieses Jahr haben wir uns via Zoom getroffen und sind genauso verfahren. Es ist schön zu sehen, dass sich der Spiel-Eifer auch digital überträgt."

Isabella Peters, Professorin für Web Science am "ZBW Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft" in Kiel sowie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel –