Ein aufgeschlagenes Buch
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Rezension
"Bildung als Provokation"

Konrad Paul Liessmann wirft einen kritischen Blick auf Bildungsfragen, die Gemüter bewegen. Er streift dabei auch kulturelle und politische Themen.

Von Thorsten Fuchs Ausgabe 2/18

Nicht überall dort, wo Bildung draufsteht, ist auch Bildung drin. Dieser Befund gilt offenbar nicht nur einem Gerede, das lediglich dem Wort nach etwas mit der Sache der Bildung zu tun hat. Er kann zuweilen auch gegen diejenigen vorgebracht werden, die Anstoß an dem monierten "Palaver" in Bildungsfragen nehmen und mit einer vehementen Kritik aufwarten, die dann jedoch auch auf vielen weiteren Pfaden – und nicht nur auf jenem der Bildung – wandelt. Irreführend ist gewiss das eine wie das andere, lehrreich kann beides dennoch sein.

Auch Konrad Paul Liessmanns neuestes Werk, mit dem er "Bildung als Provokation" zu thematisieren verspricht, erschöpft sich nicht in kritischen Betrachtungen, zeitgemäßen wie unzeitgemäßen, von Angelegenheiten, die rund um das Bildungssystem die Gemüter bewegen. Denn es geht etwa neben der Marginalisierung literarischer Bildung, dem "Praxisfetischismus" (S. 65) im Lehramtsstudium und den Heilsversprechen, die mit dem Begriff der Bildung insgesamt verbunden sind, auch um kulturelle und politische Themen allgemeiner Couleur, wie "Europa", "Müll" oder "Revolution".

Bildung ist insofern nur eines der drängenden Sujets, denen sich Liessmann in der für ihn bekannten Art annimmt: mal gelassen durch die großen Stationen der Philosophiegeschichte flanierend, mal ganz in nietzscheanischer Rigorosität die Phänomene der Gegenwart destruierend. Fraglos: Das Buch ist kurzweilig, die Themen breit gestreut, die Sprache scharfzüngig, streckenweise bitterböse, und wenn Bildung eine Haltung des kritisch-reflektierenden Blicks in die Welt mit ihren "vielfältigen Erscheinungsformen" (S. 9) bedeutet, dann irritiert die Titelgebung eventuell gar nicht mehr allzu sehr. Man muss sich allerdings schon provozieren lassen wollen.

Wenn man differenzierte Analysen zu modernen Konturen der Bildung, des Zeitgeists und der Signatur der Gegenwart sucht und hierbei ausgewogene Betrachtungen erwartet, wird man gewiss enttäuscht. Lässt man sich aber ein auf überspitzte Thesen, schreibt political correctness nicht allzu groß und findet Gefallen an kleinen philosophischen Lehrstücken, dann wird man das Buch mit Freude zur Hand nehmen und nicht so rasch loslassen.

Konrad Paul Liessmann: Bildung als Provokation. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017, 240 Seiten, 22,- €.