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Corona-Pandemie
Leopoldina fordert Impflicht und sofortigen Lockdown

Angesichts der dramatisch fortschreitenden Corona-Pandemie fordert die Leopoldina sofortiges Handeln. Dabei kritisiert sie auch die Politik.

27.11.2021

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat an die Politik appelliert, "schnellstmöglich klare und stringente Maßnahmen nach einheitlichen Kriterien" zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu beschließen. Ein weiterer Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19-Infektionen und eine Unterversorgung durch Überlastung der Krankenhäuser müsse dringend aufgehalten werden. Das Auftreten neuer Virusvarianten – wie zum Beispiel aktuell der Omikron-Variante –, die infektiöser sein könnten, mache ein schnelles und konsequentes Handeln noch dringlicher. Eine allgemeine Impfpflicht sei unter den aktuellen, vor einem Jahr so nicht vorhersehbaren Umständen ethisch und rechtlich gerechtfertigt: als letzte Maßnahme, um eine Impflücke zu schließen, die sich augenscheinlich anders nicht beheben lasse. Insgesamt sollten bis Weihnachten neben Erst- und Zweitimpfungen rund 30 Millionen Drittimpfungen ermöglicht werden. Nur so könnten die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland vor weiteren desaströsen Folgen bewahrt werden, heißt es in einer heute veröffentlichten Ad-Hoc-Stellungnahme der Akademie.

Darüber hinaus fordert die Akademie "sofortige umfassende Kontaktbeschränkungen", zumindest in Regionen mit hoher Inzidenz. Unmittelbar wirksam sei es aus medizinischer und epidemiologischer Sicht, die Kontakte von Beginn der kommenden Woche an für wenige Wochen deutlich zu reduzieren. Aufgrund der nachlassenden Immunität müssten diese Maßnahmen vorübergehend auch für Geimpfte und Genesene gelten, die in die in dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung erhalten müssten. Dazu sei weiter eine strikte Kontaktreduktion im privaten Bereich, in Innenräumen und in Situationen, in denen viele Menschen zusammenkommen (zum Beispiel Bars, Clubs, Veranstaltungen) notwendig. Wo sich persönliche Kontakte nicht vermeiden ließen, sei eine generelle Maskenpflicht – idealerweise mit FFP2-Masken – sowie eine konsequente Durchsetzung der 2G-Regeln und Anwendung der AHA+L-Regeln unvermeidlich.

Die Leopoldina kritisiert in ihrer Stellungnahme die jüngste Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und das Auslaufen der "epidemischen Lage nationaler Tragweite". Diese hätten erhebliche rechtliche Änderungen für die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bewirkt. Problematisch sei dabei, dass auch bei extrem hohen Inzidenzwerten und Hospitalisierungsraten bestimmte generelle Maßnahmen nicht mehr ergriffen werden dürfen. Dies gelte zum Beispiel für die flächendeckende Untersagung von Veranstaltungen und Ansammlungen. Deshalb müsse das Gesetz in dem Sinne geändert wird, dass diese Maßnahmen wieder generell zur Verfügung stünden oder der Bundestag erneut die epidemische Lage nationaler Tragweite erkläre.

Appell der Wissenschaft so deutlich wie nie

In eindringlichen Worten warnt die Akademie davor, dass Deutschland vor einer erneuten, verschärften Eskalation der Covid-19-Krise stehe. Es sei zu befürchten, dass Teile der Politik und Öffentlichkeit die Dramatik der Situation nicht in ihrem vollen Ausmaß erfassten. Dazu trügen die Vielstimmigkeit der öffentlich vorgebrachten Einschätzungen von Fakten und Prognosen, ein gewisser Gewöhnungseffekt und wohl auch das für viele "bloß" statistische "Angesicht" der Todesopfer und der Langzeitgeschädigten von Covid-19 bei. Die Autorinnen und Autoren der Ad-hoc-Stellungnahme seien einzeln und gemeinsam nach bestem Wissen der Auffassung, dass hier ein sofortiges Gegensteuern dringend erforderlich sei.

Unterdessen hat die geschäftsführende Bundesforschungsministerin Karliczek gefordert, die Empfehlungen der wissenschaftlichen Akademie Leopoldina für weitere Corona-Schutzmaßnahmen sofort umzusetzen. Die Politik sollte dem Rat ohne Zögern folgen, sagte die CDU-Politikerin laut Deutschlandradio. Man dürfe keine weitere Zeit mehr verlieren. Die neue Stellungnahme der Leopoldina sei ein Appell der Wissenschaft zum Handeln in nie da gewesener Deutlichkeit.

aktualisiert am 28.11.2021 um 8:03 Uhr, zuerst veröffentlicht am 27.11.2021 um 15:45 Uhr

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