Die Hochschulmedizin der RWTH Aachen
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Wissenschaftsrat
Uni-Medizin in NRW schwächelt bei Investitionen und Sanierungen

Der Wissenschaftsrat hat die Hochschulmedizin in NRW analysiert. Er mahnt zu Investitionen. Einzelnen Programmen attestiert er Ineffizienz.

29.10.2019

Der Wissenschaftsrat hat im Auftrag der Landesregierung die Hochschulmedizin in Nordrhein-Westfalen unter die Lupe genommen. Er attestierte ihr eine "gute bis sehr gute, in Teilen herausragende wissenschaftliche Leistungsfähigkeit". Dennoch sei der Investitions- und Sanierungsstau gravierend. Das 2021 auslaufende Modernisierungsprogramm des Landes in Höhe von 2,4 Milliarden Euro habe das nicht verhindern können. Außerdem seien mehrere Uni-Kliniken wirtschaftlich gefährdet. Wie hoch der noch verbliebene Finanzbedarf ist, bezifferte der Rat nicht.

Die Universitätsmedizin in Düsseldorf sei laut den Untersuchungen in einer schwierigen, wirtschaftlich bedrohlichen Situation. Zahlreiche Wechsel in der Führung hätten ein Strategiedefizit hinterlassen, so der Wissenschaftsrat. Mit dem neuen Vorstand sei man aber auf einem "guten Weg". Positiv hoben sie die Hochschulmedizin in Aachen hervor. Auch Bonn sei stark, die Lehre aber noch zu wenig innovativ.

In Köln lobte der Rat die exzellente Forschung und Lehre, zugleich wird aber auch hier ein Investitionsbedarf gesehen. In Münster gebe es eine international sichtbare Forschung, aber zugleich auch ein defizitäres und sanierungsbedürftiges Uni-Klinikum. Die Uni-Medizin in Duisburg und Essen sei trotz schwieriger Rahmenbedingungen "dynamisch und aufstrebend". Das Uni-Klinikum sei allerdings ebenfalls wirtschaftlich gefährdet.

50 Millionen Euro für Digitalisierung an Uni-Kliniken

Die Uni-Kliniken müssten dringend nachbessern, um ihrer wichtigen gesellschaftlichen Funktion nachkommen zu können. Neben der Versorgung von Patientinnen und Patienten sei das etwa ihre wichtige Funktion in der Aus- und Weiterbildung oder als Arbeitgeber. Außerdem steigerten die Kliniken die Wirtschaftskraft des Landes.

Der Wissenschaftsrat mahnt zu Nachbesserungen in der Digitalisierung. Vergleichbar mit der "Digitalen Hochschule NRW" sollte ein Sonderprogramm "Digitale Universitätsmedizin NRW" geschaffen werden. 50 Millionen Euro sollten dafür in den kommenden fünf Jahren pro Standort investiert werden. Darüber hinaus plädierte der Rat dafür, dass die Kliniken im Wettbewerb Geld für einzelne innovative Digitalisierungsprojekte erhalten sollten.

Um besser voranzukommen, empfiehlt der Wissenschaftsrat, eine interministerielle Plattform von Wissenschafts-, Gesundheits- und Wirtschaftsministerium einzurichten. Diese solle in der Zuständigkeit der Ministerpräsidentin beziehungsweise des Ministerpräsidenten stehen und unter anderem für eine stärkere Vernetzung zwischen den Standorten sorgen. Die engere Zusammenarbeit der Ressorts sei wichtig, um die Versorgung auf dem Land in den Griff zu bekommen. Mit einem Ausbau der Medizinstudienplätze sei es nicht getan. Der Rat schlägt einen "Masterplan Gesundheitsstandort NRW" vor, um eine landesweite Strategie verfolgen zu können.

Effizientere Konzepte gefragt

Einzelne Initiativen hält der Wissenschaftsrat für ineffizient. So sollte etwa die Transplantationsmedizin zentralisiert werden. Der Rat empfiehlt, diese in zwei Standorten zusammenzuführen. Aktuell sind es acht Standorte. Das "Bochumer Modell" mit acht Trägern und zwölf Kliniken sieht der Rat ebenfalls kritisch. Die Zahl der zum Teil weit entfernten Kliniken sollte reduziert werden.

Kritik gibt es auch für das Projekt "Medizin neu denken" mit einem zweigeteilten Studium in Siegen und Bonn. Es gebe gravierende Planungsdefizite. Angesichts von lediglich 25 Studierenden sei der Aufwand nicht vertretbar. Es sei besser, das Modell "nicht weiterzuverfolgen". NRW-Wissenschaftsministerin Pfeiffer-Poensgen sagte, die Kritik sehr ernst nehmen zu wollen.

Mit Blick auf Bielefeld heißt es: Der Plan einer neuen medizinischen Fakultät sei zwar grundsätzlich gut, der für das Wintersemester 2021/22 geplante Start sollte aber unbedingt verschoben werden.

Der Wissenschaftsrat in Köln gilt als wichtigstes wissenschaftspolitisches Beratungsgremium in Deutschland. Er berät Bund und Länder in Fragen des Hochschulsystems und der staatlichen Förderung von Forschungseinrichtungen, aktuell zur Uni-Medizin in NRW.

kas/dpa