Frau schaut über Bücherstapel
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Urheberrecht
Sind Beiträge von Hilfskräften schutzfähig?

Viele studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte unterstützen beim Publizieren. Ein Blick auf Fallstricke und Grauzonen im Urheberrecht.

Von Anne Lauber-Rönsberg 03.12.2018

Wenn Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer in Forschung und Lehre durch wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte unterstützt werden, zum Beispiel im Rahmen von Literaturrecherchen, wirft dies die Frage auf, unter welchen Voraussetzungen derartige Leistungen urheberrechtlich geschützt sind und wem eventuelle Schutzrechte zustehen.

Was wird geschützt?

Das Urheberrecht schützt Texte, Fotos, technische Darstellungen und andere Gestaltungen, soweit sie eine "persönliche geistige Schöpfung" sind. Hierfür ist insbesondere erforderlich, dass die Gestaltung ein Mindestmaß an Individualität aufweist, dass also ein von dem Urheber genutzter Gestaltungsspielraum bestand. Daher sind zum Beispiel Gemälde in der Regel urheberrechtlich geschützt, während sehr simple, durch methodische Vorgaben bestimmte grafische Darstellungen, zum Beispiel eine Kurve zur Darstellung von Messergebnissen, urheberrechtsfrei sein können.

Wenn es an der für einen urheberrechtlichen Schutz erforderliche Individualität fehlt, zum Beispiel weil eine bestimmte Gestaltung durch fachliche Gepflogenheiten vorgegeben wird, kann dennoch ein Schutz im Rahmen der gesetzlich geregelten Leistungsschutzrechte bestehen. Dies gilt zum Beispiel für Fotografien und Filmaufnahmen.

Sammlungen von Werken oder Daten, bei deren Auswahl oder Anordnung Gestaltungsspielräume bestanden, werden als sogenannte Sammelwerke urheberrechtlich geschützt. Zudem kann an Datenbanken auch ein Leistungsschutzrecht bestehen, sofern die Beschaffung oder Überprüfung der Daten eine wesentliche Investition erforderte.

Wem steht das Urheber- beziehungsweise Leistungsschutzrecht zu?

Das Urheber- beziehungsweise Leistungsschutzrecht steht demjenigen zu, der die schutzfähige Leistung erbracht hat. Dies gilt auch für wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte. So steht das Urheberrecht an einem Text dem Autor, an einem Foto dem Fotografen und an einem Datenbankwerk demjenigen zu, der über Auswahlkriterien und Anordnung entscheidet.

Eine Besonderheit gilt allerdings für das leistungsschutzrechtliche Datenbankherstellerrecht; Rechtsinhaber ist hier nicht derjenige, der die Elemente der Datenbank zusammenträgt, sondern derjenige, der die hierfür maßgeblichen Investitionen erbracht hat.

Was gilt für Literatur­recherchen?

Die Bedeutung von Urheber- und Leistungsschutzrechten für Literaturrecherchen lässt sich anhand einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs veranschaulichen: Ein Freiburger Hochschullehrer hatte im Rahmen der "Freiburger Anthologie" eine Zusammenstellung der 1.100 "wichtigsten" Gedichte der deutschen Literatur zwischen 1730 und 1900 veröffentlicht.

Die vom ihm festgelegten Auswahlkriterien stellten darauf ab, ob die Gedichte in bestimmten Anthologien beziehungsweuse Bibliographien abgedruckt worden waren. Die konkreten bibliografischen Recherchen wurden unter Mitwirkung von bei der Universität Freiburg angestellten wissenschaftlichen  Hilfskräften geleistet.

Der BGH sah die Festsetzung der Selektionskriterien durch den Hochschullehrer als hinreichend eigenschöpferisch an, so dass die "Freiburger Anthologie" zum einen ein urheberrechtlich geschütztes Datenbankwerk ist.

Das Urheberrecht steht allerdings allein dem Hochschullehrer zu, nicht den Hilfskräften, da diese keinen eigenen urheberrechtlich schutzfähigen Beitrag erbracht, sondern lediglich als Gehilfen die von dem Hochschullehrer vorgegebenen Auswahlkriterien angewandt haben. Zudem besteht an der Anthologie ein Datenbankherstellerrecht zugunsten der Universität Freiburg, die die für die Erstellung der Datenbank erforderlichen Investitionen in Form der Personalkosten getragen hat.

Wer entscheidet über die Veröffentlichung und Nutzung?

Für Urheber in Arbeits- oder Dienstverhältnissen, die in Wahrnehmung ihrer Dienstaufgaben urheberrechtlich geschützte Leistungen (sogenannte Pflichtwerke) erbringen, gilt allerdings, dass sie zwar Inhaber des Urheberrechts sind, dass aber die Nutzungsrechte, das heißt, die Entscheidung über die konkrete Nutzung und damit einhergehend auch die Veröffentlichung, in der Regel dem Arbeitgeber beziehungsweise Dienstherrn eingeräumt werden.

Diese Nutzungsrechtseinräumung kann auch stillschweigend erfolgen, wenn keine explizite Regelung im Arbeitsvertrag vorgesehen ist. Dem Arbeitnehmer verbleiben insoweit im Wesentlichen nur die Urheberpersönlichkeitsrechte, insbesondere das Namensnennungsrecht.

Eine Ausnahme besteht allerdings im Wissenschaftskontext aufgrund der Privilegierung der Forschungsfreiheit: Soweit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler selbstständige wissenschaftliche Leistungen erbringen, zum Beispiel im Rahmen eines Promotions- oder Habilitationsprojekts, werden dem Dienstherrn keine Nutzungsrechte eingeräumt.

Die Entscheidung über die Veröffentlichung und Nutzung liegt bei dem Wissenschaftler, soweit keine anderweitigen vertraglichen Vereinbarungen getroffen wurden. Anne Lauber-Rönsberg

Diese Grundsätze gelten auch für wissenschaftliche oder studentische Hilfskräfte. Allerdings werden studentische Hilfskräfte, die in der Regel nur untergeordnete Hilfstätigkeiten erbringen, für ihre Leistungen seltener einen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen können als geprüfte wissenschaftliche Hilfskräfte, die nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz zur Förderung ihrer wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifizierung beschäftigt werden.

Wenn zugunsten der studentischen/wissenschaftlichen Hilfskraft ein Urheber- beziehungsweise Leistungsschutzrecht entstanden ist, so stehen die Nutzungsrechte, das heißt, die Entscheidung über die Verwertung dieser Leistung, dem Dienstherrn zu, soweit die Leistung im Rahmen einer weisungsabhängigen Tätigkeit erbracht wurde, was in der Regel der Fall ist.

Anders liegt es bei selbstständigen wissenschaftlichen Leistungen, die zum Beispiel von wissenschaftlichen Hilfskräften im Rahmen von Promotionsverfahren erbracht werden und die  schon aus prüfungsrechtlichen Gründen eigenständige wissenschaftliche Arbeiten sein müssen. Diese sind als sogenannte "freie Werke" einzuordnen, sodass der wissenschaftlichen Hilfskraft hieran das Urheberrecht uneingeschränkt zusteht.