Wasser in der planetenbildenden Scheibe um den Stern V883 Orionis
ESO/L. Calçada

Astronomie
Fehlendes Bindeglied für Wasser im Sonnensystem gefunden

Bisher hat ein Bindeglied gefehlt: Nun können Astronomen die Ursprünge des Wassers in unserem Sonnensystem bis vor die Entstehung der Sonne verfolgen.

11.03.2023

Das Wasser auf der Erde könnte sogar älter sein als unsere Sonne. Dies begründen Astronominnen und Astronomen damit, dass sie gasförmiges Wasser in der planetenbildenden Scheibe eines 1.300 Lichtjahre von der Erde entfernten sonnenähnlichen Protosterns entdeckt haben. Mithilfe des Radioteleskop-Observatoriums Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile konnten sie die chemische Signatur des Wassers feststellen, die den Übergang des Wassers von sternbildenden Gaswolken zu Planeten erkläre, wie die an ALMA beteiligte Europäische Südsternwarte (ESO) mitteilte. So lassen sich die Ursprünge des Wassers in unserem Sonnensystem bis in die Zeit vor der Entstehung der Sonne zurückverfolgen, erläutert Dr. John J. Tobin, Astronom am National Radio Astronomy Observatory in den Vereinigten Staaten von Amerika und Hauptautor der am Mittwoch im Forschungsmagazin "Nature" veröffentlichten Studie.

Sterne entstünden, wenn Wolken aus Gas und Staub kollabierten. Neben dem Stern im Zentrum bilde sich aus dem Material der Wolke eine Scheibe um den Stern, die im Laufe einiger Millionen Jahre verklumpe und Kometen, Asteroiden sowie Planeten hervorbringe. Wasser besteht normalerweise aus einem Sauerstoffatom und zwei Wasserstoffatomen. Das internationale Forschungsteam habe eine etwas schwerere Version von Wasser untersucht, bei der eines der Wasserstoffatome durch Deuterium – ein schweres Isotop des Wasserstoffs – ersetzt ist. Einfaches und schweres Wasser bildeten sich unter unterschiedlichen Bedingungen, weswegen man aus ihrem Verhältnis schließen könne, wann und wo das Wasser entstanden sei. Analysen hätten gezeigt, dass dieses Verhältnis in einigen Kometen des Sonnensystems dem des Wassers auf der Erde ähnelt, was darauf hindeute, dass Kometen Wasser auf die Erde gebracht haben.

Stern V883 Orionis liefert wichtiges Glied in der Erklärung des Wassers in unserem Sonnensystem

Bisher habe die Erklärung gefehlt, wie Wasser von den jungen Sternen zu den Kometen gekommen sei, nachdem die Übergänge des Wassers von Wolken zu jungen Sternen und später von Kometen zu Planeten bereits beobachtet worden seien. Der untersuchte Stern V883 Orionis und seine planetenbildende Scheibe stellten "das fehlende Glied" dar, so Tobin. "Die Zusammensetzung des Wassers in der Scheibe ist der von Kometen in unserem eigenen Sonnensystem sehr ähnlich." Dies bestätige die Idee, dass das Wasser in Planetensystemen vor Milliarden von Jahren vor der Sonne im interstellaren Raum entstand und sowohl von Kometen als auch von der Erde relativ unverändert übernommen wurde.

Die Beobachtung von Wasser in planetenbildenden Scheiben sei schwierig – meistens sei es zu Eis gefroren. Nur gasförmiges Wasser könne dank der Strahlung, die von den Molekülen bei ihren Drehungen und Schwingungen ausgesandt wird, nachgewiesen werden. Dieses gasförmige Wasser fände sich in der Mitte der Scheiben, wo es wärmer sei, würde dort allerdings von Staub verdeckt. Zudem seien die in Frage kommenden Regionen zu klein, um von Teleskopen auf der Erde erfasst werden zu können. Eine kürzliche Studie habe herausgefunden, dass die Scheibe von V883 Orionis ungewöhnlich heiß sei, so dass das Wasser nicht als Eis sondern als Wasserdampf vorliege und nachgewiesen werden könne. Die Forschenden konnten für die aktuelle Studie das Wasser sowohl aufspüren und seine Zusammensetzung bestimmen, als auch seine Verteilung innerhalb der Scheibe kartieren. Demnach enthält diese Scheibe mindestens 1.200 Mal so viel Wasser wie alle Ozeane der Erde, so die ESO.

cpy