Das Foto zeigt eine Klaviertastatur mit den Händen eines Pianisten
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Neurowissenschaften
Musik und Hirnstruktur

Musik entsteht aus einem komplizierten Zusammenspiel vieler Fähigkeiten. Wie wirkt sich dies auf die Hirnstruktur aus?

Ausgabe 2/18

Musiker haben ein anderes Gehirn als Nicht-Musiker, denn Musik zu machen beansprucht ein kompliziertes Zusammenspiel verschiedener Fähigkeiten, das sich auch in stärker ausgeprägten Hirnstrukturen widerspiegelt. Wissenschaftler des MPI für Kognitions- und Neurowissenschaften haben nun herausgefunden, dass sich diese Fähigkeiten im Gehirn viel feiner abgestimmt zeigen als bisher angenommen – und sich sogar je nach Stilrichtung des Musikers unterscheiden: Selbst die Hirnaktivitäten von Jazzpianisten sind anders als die klassischer Pianisten, auch wenn sie das gleiche Musikstück spielen.

Ein wesentlicher Unterschied liege z.B. in der Planung von Bewegungen beim Klavierspielen. Prinzipiell müssten Pianisten, unabhängig von der Stilrichtung, zwar zunächst wissen, was sie spielen und wie sie es spielen. Was jedoch je nach Musikrichtung variiert, ist die Gewichtung dieser beiden Schritte. Wenn Jazzpianisten in einer logischen Abfolge von Akkorden plötzlich einen unterwarteten Akkord nachspielen sollen, beginnt ihr Gehirn früher als das klassischer Pianisten, die ursprünglich geplante Handlung umzuplanen und den unerwarteten Akkord zu spielen. Sie fokussieren sich vor allem auf das „Was“. Sie sind stets darauf vorbereitet, zu improvisieren und ihr Spiel flexibel an überraschende Harmonien anzupassen.

Die bei Jazzpianisten trainierte Flexibilität beim Planen von Harmonien während des Klavierspiels konnten die Wissenschaftler auch im Gehirn sehen. Klassische Pianisten dagegen konzentrierten sich bei ihrem Spiel besonders auf den zweiten Schritt, das „Wie“. Für sie geht es darum, ein Stück technisch einwandfrei und persönlich ausdrucksstark wiederzugeben. Hierfür ist etwa die Wahl des Fingersatzes entscheidend. Und so hatten die klassischen Pianisten die Nase vorn, als es in der Studie darum ging, ungewöhnliche Fingersätze zu nutzen: In dem Fall zeigte ihr Gehirn stärkere Aufmerksamkeit für den Fingersatz, entsprechend weniger Fehler unterliefen ihnen bei der Nachahmung. Untersucht haben die MPI-Wissenschaftler diese Zusammenhänge mithilfe von 30 professionellen Pianisten, eine Hälfte davon seit mindestens zwei Jahren spezialisiert auf Jazz, die andere auf klassische Musik.

mue