Schematische Darstellung der Proteinbiosynthese: Transkription der DNA in mRNA und Translation in Proteine mithilfe von tRNA.
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Suppressor-Transfer-RNA
Neuer Ansatz in der Gentherapie vorgestellt

Forschende haben eine potenzielle Gentherapie entwickelt, um Mutationen bei Erbkrankheiten unschädlich zu machen. Sie basiert auf tRNAs.

01.06.2023

Ein internationales Forschungsteam hat eine neue Strategie entwickelt, um genetisch bedingte Mutationen zu unterdrücken, die zu schweren Krankheiten führen können. Die Forschenden führten Tests mit synthetischen Transfer-RNAs (tRNA) an Patientenzellen und Mäusen durch. Sie sehen darin einen neuen Ansatz, verschiedene heute unheilbare Krankheiten zu bekämpfen, schreiben die Biochemikerinnen und Biochemiker um Professorin Zoya Ignatova von der Universität Hamburg in ihrer am Mittwoch in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlichten Studie.

tRNAs sind spezielle Nukleinsäuren, die in den Zellen des menschlichen Körpers die von mRNAs (Messenger-RNAs) aus dem Zellkern transportierten Informationen in die gewünschten Proteine übersetzt. Die beiden RNA-Spezies bewirken zusammen, dass die Zellen aus den in ihrer DNA im Zellkern gespeicherten Bauplänen für Proteine tatsächlich Proteine herstellen können – sie sind also für die beiden Schritte der Proteinsynthese (Transkription und Translation) zuständig. mRNAs und tRNAs erkennen sich dabei an ihren komplementären funktionellen Einheiten, den Codons beziehungsweise Anticodons.

Bei den Erbkrankheiten, die die Forschenden bekämpfen wollen, sind bestimmte Codons der mRNA mutiert, wodurch die Proteinsynthese stoppt und ein unvollständiges Protein entsteht. Die Folge sind verheerende Störungen der Zellfunktion und bisher unheilbare Krankheiten wie die spinale Muskelatrophie, Mukoviszidose, Muskelschwund oder auch ein Wachstumshormonmangel.

Suppressor-tRNAs bekämpfen Mutationsschäden in Erbkrankheiten

Um dies zu umgehen, haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen natürlichen Reparaturmechanismus aus Mikroorganismen nachgeahmt, den es in menschlichen Zellen eigentlich nicht gibt. Dabei befähigen sogenannte Suppressor-tRNAs die Zelle, den Proteinbauplan auf der mutierten mRNA trotzdem vollständig auszulesen und intakte Proteine herzustellen. Die Forschenden haben daraus eine neuartige Strategie entwickelt, um tRNAs in effiziente Suppressoren für die genannten Krankheiten umzuwandeln. In ihrer Studie entwarfen sie am Computer verschiedene Suppressor-tRNAs, stellten sie künstlich her und testeten ihre Wirkung erfolgreich im Labor.

Weil tRNAs beim Transport im Körper und in den Zellen normalerweise schnell abgebaut werden, entwickelten die Forschenden – zusammen mit dem US-amerikanischen Unternehmen Arcturus Therapeutics – zudem ein Transportsystem für ihre synthetischen tRNAs: In Lipid-Nanopartikel eingekapselt seien diese gut geschützt und zugleich effektiv wirksam. Ähnliche Schutzhüllen kamen bei den auf mRNA basierenden Corona-Impfstoffen der Firmen Biontech/Pfizer und Moderna zum Einsatz.

Für die entwickelten tRNA-Technologien besitzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Hamburg laut der Uni bereits zwei erteilte Patente und drei neue Anmeldungen, von denen die Firma Arcturus bereits zwei lizensiert habe.

ckr