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Frauen in Führungspositionen
Starke dunkle Triade

Die Unterrepräsentanz weiblicher Führungskräfte in Deutschland ist auch eine Folge der Stereotype, die ihnen zugeschrieben werden. Zu Recht?

In den vergangenen Jahren wurde die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen in Deutschland intensiv debattiert, und schließlich wurde im März 2015 die Frauenquote zur Regelung des Anteils weiblicher Führungskräfte in den Aufsichtsräten der größten deutschen Dax-Unternehmen eingeführt. Die für große Unternehmen verpflichtende Frauenquote bleibt allerdings umstritten, nicht nur, weil die Ursachen der Unterrepräsentanz weiterhin kontrovers diskutiert werden, sondern auch, weil die Auswirkungen eines Pflichtanteils von Frauen in Führungspositionen noch unklar sind.

Im Hinblick auf die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen, gemessen am Beispiel der DAX-, MDAX-, SDAX- und TecDAX-Unternehmen, ergibt sich unter den Vorständen ein Anteil von 6,0 Prozent und unter den Aufsichtsräten ein Anteil von 17,2 Prozent im Jahr 2014. Die Forschung unterscheidet im Wesentlichen fünf theoretische Erklärungsansätze für die Unterrepräsentanz von Frauen im Management: Den ökonomischen, den psychologischen, den soziologischen, den feministischen Ansatz sowie den Ansatz der impliziten Führungstheorie und Rolleninkongruenz anhand von Stereotypen. In Forschung und Praxis wird letzterer aktuell umfassend diskutiert.

Stereotype von Frauen in Führungspositionen

Das Motto "Think-Manager-Think-Male" steht sinnbildlich für die stereotype Diskrepanz zwischen männlichen und weiblichen Führungskräften. Weibliche Führungskräfte werden im Gegensatz zu erfolgreichen männlichen Managern mit den Stereotypen feindselig, unaufrichtig, streitsüchtig, eigennützig, hart und weniger vernünftig, objektiv und logisch denkend sowie weniger in der Lage, Gefühle von Ideen zu unterscheiden, assoziiert. Im unternehmerischen Kontext bestehen weitere Vorurteile: Danach wird Frauen im Allgemeinen immer noch nachgesagt, dass sie in Krisensituationen nicht die nötige Härte zeigen würden, weniger stressresistent und bei Verhandlungen nicht aggressiv genug seien.

Mit diesen Stereotypen erfüllen Frauen grundsätzlich nicht die Anforderungen einer Führungsrolle, die durch maskuline Eigenschaften geprägt ist. Für eine Führungsrolle relevante Persönlichkeitseigenschaften und Verhaltensweisen sind demnach Durchsetzungsfähigkeit, Kontrolle und Zuversicht, Ehrgeiz, Dominanz, Unabhängigkeit und Selbstbewusstsein.

Rolleninkongruenz-Theorie

Kommt es in der Praxis zum Auswahlprozess und der Bewerbung bzw. Erwägung einer Frau für eine bestimmte Führungsposition, kommt es gemäß der Rollen-Inkongruenz-Theorie zu Wirkungsmechanismen, die verhindern, dass Frauen tatsächlich in bestimmte Führungsrollen berufen oder befördert werden. Auslöser für eine Entscheidung gegen die Frau ist der Theorie nach der Backlash-Effekt: Frauen wirken und verhalten sich entweder "typisch weiblich" und entsprechen demnach in ihren Stereotypen nicht denen der Führungsrolle, oder sie wirken und verhalten sich wie eine Führungsperson, entsprechen dann aber nicht mehr dem typischen Rollenbild einer Frau, das heißt sie erscheinen zu maskulin und wirken damit eher unsympathisch und nicht authentisch.

Persönlichkeitsanalyse

Die zunehmende Anzahl von Frauen in Führungspositionen erlaubt es der Forschung mittlerweile, vermehrt Untersuchungen weiblicher Führungspersonen durchzuführen und die Frau als Führungsperson in größeren Stichproben genauer unter die Lupe nehmen zu können. Um die vorherrschenden Stereotype gegenüber Frauen mit der tatsächlich ausgeprägten Persönlichkeit weiblicher Führungskräfte abzugleichen, wurden im Rahmen der vorliegenden Studie die Persönlichkeiten von über 300 Männern und Frauen in Top-Führungspositionen deutscher Unternehmen untersucht.

Für die Führungsrolle sind dabei besonders die Persönlichkeitseigenschaften der Big-Five (Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Verträglichkeit sowie Gewissenhaftigkeit) relevant. Außerdem rücken immer häufiger auch dunkle Persönlichkeitseigenschaften in den Fokus, wenn es darum geht, relevante Merkmale zu identifizieren. Die dunkle Triade der Persönlichkeit mit den Dimensionen Narzissmus, Machiavellismus und subklinische Psychopathie erfasst solche dunklen Eigenschaften.

Dunkle Eigenschaften

Narzissmus, Machiavellismus und Verträglichkeit zeigen im Hinblick auf bestehende Stereotype bemerkenswerte Ergebnisse bei der Untersuchung. Narzissmus lässt sich durch typische Eigenschaften wie Grandiosität, überzogenes Selbstbewusstsein, Eitelkeit, Autoritätsbedürfnis und Risikoneigung beschreiben. Machiavellismus enthält Eigenschaften wie Härte und Durchsetzungsstärke, eine gewisse "Coolness" oder auch "Abgebrühtheit", Misstrauen und Zynismus.

Bezüglich der Verträglichkeit beschreibt eine starke Ausprägung eine hilfsbereite, unterstützende und kooperative Persönlichkeit. Viel Mitgefühl und zwischenmenschliches Vertrauen zeichnen diese Menschen aus. Eine geringe Ausprägung dieser Dimension wird hingegen nicht durch ein kooperatives, sondern kompetitives Verhalten deutlich. Personen mit geringer Ausprägung sind wenig harmoniebedürftig.

Alpha-Frau in der ­Führungs­etage

Es zeigt sich überraschend, dass die untersuchten Frauen für alle Dimensionen der dunklen Triade gleich hohe Ausprägungen wie ihre männlichen Kollegen aufweisen. Außerdem zeigt sich, dass die untersuchten Frauen signifikant weniger verträglich und damit noch kompetitiver und rivalisierender als männliche Führungskräfte sind. Dabei entsprechen besonders hohe Ausprägungen für Narzissmus und Machiavellismus sowie geringe Ausprägungen für Verträglichkeit dem aus der Biologie stammenden Bild des Alpha-Tieres.

Stellt man die Ergebnisse der weiblichen Führungskräfte denen von durchschnittlichen Frauen aus der Bevölkerung gegenüber, wird deutlich, dass Top-Managerinnen untypisch weiblich und sehr viel mehr Alpha-Frau sind. Frauen in der Führung sind demnach signifikant narzisstischer, weniger verträglich, emotional stabiler, extrovertierter, kreativer sowie gewissenhafter.

Wenn sich die für Führungspositionen besonders relevanten Persönlichkeitseigenschaften weiblicher Führungskräfte zu denen der männlichen nicht unterscheiden, beziehungsweise wenn Frauen sogar noch härter und kompetitiver sind, müssen die stereotypen Ansichten gegenüber Frauen für Führungspositionen grundsätzlich hinterfragt und angepasst werden. Frauen erfüllen dabei entgegen den stereotypischen Ansichten die Eigenschaften, die der Führungsrolle zugeschrieben werden. Demnach eignen sich Frauen, die Führungspositionen anstreben, in ihrer Persönlichkeit genauso gut wie es Männer tun.

Das "Alpha-Tier-Dasein" kann für Frauen jedoch auch ähnlich wie bei Männern in Spitzenpositionen vermehrt Risiken wie Gesundheitsprobleme, erhöhte Risikoneigung, Ängste und Depressionen mit sich bringen. Durch das Alpha-Frau-Sein, verbunden mit dem bei vielen Frauen vorhandenen Wunsch nach Familie ergibt sich für die Politik und die Unternehmen weiterhin das Problem der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen, damit Frauen den Ansprüchen einer Führungsposition besser gerecht werden können.