Portraitfoto von Franziska Giffey, auf dem sie etwas kritisch zum linken Bildrand schaut.
picture alliance / Flashpic / Jens Krick

Neue Vorwürfe
"Einfachste Grundsätze verletzt"

Auch in ihrer Masterarbeit soll Franziska Giffey unwissenschaftlich gearbeitet haben. Ein Professor der FU Berlin wirft ihr Plagiat vor.

20.08.2021

Die Freie Universität Berlin hatte der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD) im Juni den Doktortitel wegen "Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung" entzogen. Nun wird ihr vorgeworfen, dass auch ihre Masterarbeit Plagiate enthalte. Eine Forschergruppe um Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaften an der FU Berlin, hat ihre Masterarbeit analysiert und wirft ihr vor "einfachste Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens" verletzt zu haben, wie "t-online" am heutigen Freitag berichtet.

"Die Masterarbeit ist in großen Teilen ein Flickenteppich aus Plagiaten", sagte Stefanowitsch zu "t-online". Am Nachmittag, so kündigen die Forschenden an, werde ihre Dokumentation veröffentlicht. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, durch die Veröffentlichung erhofften sich die Forschenden Unterstützung bei der Suche und Kontrolle von Giffeys Quellen. Bisher verweisen sie auf 62 problematische Stellen in der mit Anhang 141 Seiten langen Arbeit. Auf durchschnittlich jeder dritten Seite hätten sie mindestens einen Absatz gefunden, der wörtlich aus anderen Texten übernommen worden sei, ohne dass diese direkte Übernahme gekennzeichnet sei. Vor allem aus Internetquellen habe Giffey ohne Kennzeichnung abgeschrieben. "Bei diesem flächendeckenden Vorgehen kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es der Verfasserin nicht bewusst war", kommentiert Stefanowitsch laut "t-online".

Franziska Giffey hatte ihre Masterarbeit "Der Europapreis der Parlamentarischen Versammlung des Europarats" laut Medienberichten im Jahr 2005 an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (heute: Hochschule für Wirtschaft und Recht, HWR) vorgelegt. Die Hochschule teilte laut einer Meldung des Deutschlandradios mit, sie werde die Plagiatsvorwürfe nicht überprüfen. Im Fall einer Masterarbeit gelte dafür eine Frist von fünf Jahren, die inzwischen abgelaufen sei. Franziska Giffey hat "t-online" zufolge über ihre Anwälte mitteilen lassen, dass sie ihre Masterarbeit "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt habe und mögliche Zitationsfehler "auf Flüchtigkeit" beruhten.

Franziska Giffey kandidiert für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin. Als solche wäre sie ab Herbst auch Wissenschaftssenatorin.

aktualisiert am 20. August 2021 um 15.11 Uhr

cpy

1 Kommentar

  • Ulrich von Alemann Die Affäre Giffey-Börzel ist schlimm genug. Frau Prof. Börzel der FU Berlin hat eine Dissertation durchgewinkt, die nicht nur gravierende handwerkliche Mängel aufwies – Plagiate, Zitierschwächen -, sondern auch von der ganzen Konstruktion her Grundprobleme hatte. Eine Europabeauftragte eines Stadtteils schreibt über ihre Europapolitik des Stadtteils. Ja, toll. Wo ist die kritische Distanz, wo ist die analytische Kompetenz? Ich bin einer der wenigen, die über das Problem Europa und die Kommunen mehrfach publiziert haben. Ich kann nur sagen: Die Arbeit ist dünn und wäre höchstens als Master-Arbeit inhaltlich akzeptabel, durch handwerkliche Mängel indiskutabel.
    Ich habe mich bisher öffentlich zurückgehalten. Aber die jüngsten Informationen schlagen dem Fass den Boden aus: Auch ihre Masterarbeit an der Fachhochschule für öffentlichen Verwaltung enthalte gravierende Mängel der guten wissenschaftlichen Praxis, wird gemeldet. Nanu? Sollten nicht nur exzellente MasterabsolventInnen der Fachhochschulen die Möglichkeit der Promotion an einer Universität erhalten? Was hat sich da die Kollegin Börzel gedacht? Hat sie die Masterarbeit geprüft? Überhaupt gelesen? Sie für exzellent befunden und eine Promotion befürwortet? Was haben die Promotionsgremien der FU Berlin gemacht? Die Augen zu?
    Ich empfinde die neuerliche Wendung als fast einen größeren Skandal: für die FU Berlin und die sogenannte Doktormutter Prof. Börzel. Die Qualitätsstandards der Universitäten werden von solchen Kolleginnen mit Füßen getreten. FachhochschulabsolventInnen? Winken wir durch! Ist doch egal. Hauptsache prominent. Reine politische Gefälligkeiten. Es wäre an der Zeit, dass ein Disziplinarverfahren gegen Frau Prof. Börzel eröffnet wird.
    Prof. Dr. Ulrich von Alemann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf