Neue Vorwürfe
"Einfachste Grundsätze verletzt"
Die Freie Universität Berlin hatte der ehemaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD) im Juni den Doktortitel wegen "Täuschung über die Eigenständigkeit ihrer wissenschaftlichen Leistung" entzogen. Nun wird ihr vorgeworfen, dass auch ihre Masterarbeit Plagiate enthalte. Eine Forschergruppe um Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaften an der FU Berlin, hat ihre Masterarbeit analysiert und wirft ihr vor "einfachste Grundsätze des wissenschaftlichen Arbeitens" verletzt zu haben, wie "t-online" am heutigen Freitag berichtet.
"Die Masterarbeit ist in großen Teilen ein Flickenteppich aus Plagiaten", sagte Stefanowitsch zu "t-online". Am Nachmittag, so kündigen die Forschenden an, werde ihre Dokumentation veröffentlicht. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, durch die Veröffentlichung erhofften sich die Forschenden Unterstützung bei der Suche und Kontrolle von Giffeys Quellen. Bisher verweisen sie auf 62 problematische Stellen in der mit Anhang 141 Seiten langen Arbeit. Auf durchschnittlich jeder dritten Seite hätten sie mindestens einen Absatz gefunden, der wörtlich aus anderen Texten übernommen worden sei, ohne dass diese direkte Übernahme gekennzeichnet sei. Vor allem aus Internetquellen habe Giffey ohne Kennzeichnung abgeschrieben. "Bei diesem flächendeckenden Vorgehen kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es der Verfasserin nicht bewusst war", kommentiert Stefanowitsch laut "t-online".
Franziska Giffey hatte ihre Masterarbeit "Der Europapreis der Parlamentarischen Versammlung des Europarats" laut Medienberichten im Jahr 2005 an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege (heute: Hochschule für Wirtschaft und Recht, HWR) vorgelegt. Die Hochschule teilte laut einer Meldung des Deutschlandradios mit, sie werde die Plagiatsvorwürfe nicht überprüfen. Im Fall einer Masterarbeit gelte dafür eine Frist von fünf Jahren, die inzwischen abgelaufen sei. Franziska Giffey hat "t-online" zufolge über ihre Anwälte mitteilen lassen, dass sie ihre Masterarbeit "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt habe und mögliche Zitationsfehler "auf Flüchtigkeit" beruhten.
Franziska Giffey kandidiert für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin von Berlin. Als solche wäre sie ab Herbst auch Wissenschaftssenatorin.
aktualisiert am 20. August 2021 um 15.11 Uhr
cpy
1 Kommentar
Ich habe mich bisher öffentlich zurückgehalten. Aber die jüngsten Informationen schlagen dem Fass den Boden aus: Auch ihre Masterarbeit an der Fachhochschule für öffentlichen Verwaltung enthalte gravierende Mängel der guten wissenschaftlichen Praxis, wird gemeldet. Nanu? Sollten nicht nur exzellente MasterabsolventInnen der Fachhochschulen die Möglichkeit der Promotion an einer Universität erhalten? Was hat sich da die Kollegin Börzel gedacht? Hat sie die Masterarbeit geprüft? Überhaupt gelesen? Sie für exzellent befunden und eine Promotion befürwortet? Was haben die Promotionsgremien der FU Berlin gemacht? Die Augen zu?
Ich empfinde die neuerliche Wendung als fast einen größeren Skandal: für die FU Berlin und die sogenannte Doktormutter Prof. Börzel. Die Qualitätsstandards der Universitäten werden von solchen Kolleginnen mit Füßen getreten. FachhochschulabsolventInnen? Winken wir durch! Ist doch egal. Hauptsache prominent. Reine politische Gefälligkeiten. Es wäre an der Zeit, dass ein Disziplinarverfahren gegen Frau Prof. Börzel eröffnet wird.
Prof. Dr. Ulrich von Alemann, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf