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Kommentar
Schrecken und Trost

Zwölf Prozent der Deutschen haben laut Wissenschaftsbarometer kein Vertrauen in die Wissenschaft. Anlass für ein Überdenken der aktuellen Praxis.

Von Michael Hartmer Ausgabe 10/17

Vertrauen ist eine elementar wichtige soziale Währung. Enttäuschtes und zerstörtes Vertrauen macht aus Zuneigung Ablehnung, nicht selten Hass. Das gilt nicht nur für das Vertrauen der Menschen untereinander, sondern auch für ihr Vertrauen in Institutionen und Systeme. Deshalb ist es zum Fürchten, dass elf Prozent der befragten Bundesbürger laut Wissenschaftsbarometer 2017 der Aussage, Wissenschaft schade mehr als sie nütze, zustimmen und nur jeder Zweite Vertrauen in Forschung und Wissenschaft bekundet.

Ob die Lobbyisten der Wissenschaft diese Vertrauensstörung einfach so wegwischen dürfen? Oder ist nicht Selbstkritik, Reflexion und Vertrauensarbeit angezeigt? Immerhin ist das Urteil der befragten Bürger richtig, die Politik mische sich viel zu stark in die wissenschaftliche Autonomie ein. Die Wissenschaft hat sich schließlich nicht selbst zum Betrieb gemacht. Sie gehorcht heteronom gesetzten Spielregeln. Und liegen jene 61 Prozent der Befragten denn so falsch, wenn sie ihren Vertrauens­entzug mit dem Einfluss der Wirtschaft auf wissenschaftliche Ergebnisse begründen? Fußt die Legitimation eines öffentlich rechtlichen Wissenschaftssystems nicht gerade auf der Garantie von Unabhängigkeit und vor allem Unbeeinflussbarkeit?

Dass die befragten Bürger sehr genau wissen, warum die Wissenschaft Vertrauen verliert, ist ungemein tröstlich.