Mittelalter Mann sitzt frustriert an seinem Schreibtisch, auf dem sich die Arbeit stapelt
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Vereinigtes Königreich
Wissenschaftler verärgert über prekäre Job-Situation

In Großbritannien ist die Mehrheit der Beschäftigten in der Wissenschaft unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Viele wollen deswegen gehen.

28.03.2022

Ein Großteil der Beschäftigten in der britischen Wissenschaft ist "demolarisiert, verärgert und besorgt" angesichts der seit Jahren prekären Arbeitsbedingungen. Wie aus einem aktuellen Bericht der britischen Hochschulgewerkschaft UCU (University and College Union) hervorgeht, wollen zwei Drittel von knapp 7.000 Befragten deswegen die britische Wissenschaft in den nächsten fünf Jahren verlassen. Bei den Doktorandinnen und Doktoranden seien es sogar 81 Prozent, bei den Forschenden 74 Prozent. Die Hauptgründe dafür seien die hohe Arbeitsbelastung, die immer schlechtere Bezahlung und Befristungen an den Hochschulen. Auch Rentenkürzungen spielten eine wichtige Rolle.

Befragt hatte die UCU Beschäftigte von mehr als 100 wissenschaftlichen Institutionen in Großbritannien vom 25. Februar bis zum 2. März – nur wenige Tage nach dem Beschluss einer Rentenkürzung. Vergangene Woche haben britische Hochschulbeschäftigte bereits zum dritten Mal im laufenden akademischen Jahr gestreikt, um gegen die Bedingungen zu protestieren. Rund 70.000 wissenschaftliche Mitarbeiter im Land sind laut UCU befristet angestellt, ihre Gehälter seien seit 2009 real um 25,5 Prozent gesunken. Das habe die Arbeitsmoral erheblich gesenkt.

Die Gewerkschaft warnte Hochschulen und Politik angesichts der Umfrageergebnisse vor einer "Mitarbeiterflucht" und einem "Brain Drain", wodurch Großbritannien seine internationale Führungsrolle in der Forschung verlieren könnte und die Hochschulbildung gefährdet werde. Um dies zu verhindern und die "toxische Arbeitskultur" zu verbessern, müsse schnell und massiv in die Belegschaft investiert werden.

Erst vor wenigen Tagen hat die britische Forschungsförderorganisation UKRI (UK Research and Innovation) ihre Fünf-Jahres-Strategie veröffentlicht, wonach bis zum Jahr 2030 rund 150.000 neue Stellen in Forschung und Entwicklung geschaffen werden sollen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen bis 2027 auf 2,4 Prozent des BIP steigen (2019 waren es 1,74 Prozent), untermauert durch "Investitionen" in die dort Beschäftigten und deren Arbeitsbedingungen. Ziel sei es, das Land zum "attraktivsten Ziel" für Talente weltweit zu machen. Die Rede ist von mehr Flexibilität und neuen Karrierewegen, konkrete Versprechen für mehr Dauerstellen oder höheren Lohn für die jetzigen Beschäftigten nennt UKRI nicht.

aktualisiert am 28.03.2022 um 14:13 Uhr, zuerst veröffentlicht um 13:08 Uhr

ckr