Illustration eines verschneiten Waldes
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Eine Frage
Warum 2023 ein besonderes Jahr war

Der Sprung auf eine Juniorprofessur ist für Nachwuchswissenschaftler ein bedeutender Karriereschritt. Rückblick auf ein Jahr, in dem dies gelang.

Von Maik Luu 27.12.2023

Als Nachwuchswissenschaftler ist eine besondere Herausforderung sich im akademischen System zu orientieren und zurechtzufinden. Drittmittelakquise, Lehre und Forschung stehen zwar stets prominent im Vordergrund, jedoch verbleiben die Ausmaße dessen unklar, wenn man neu in diesem Bereich ist. Es gibt zudem viele Erwartungen, die man erfüllen muss, um eine Professorenstelle zu erhalten. Dabei kann man zwar darauf hinarbeiten, aber es gibt keine Garantien dafür, dass es am Ende reicht. Der Zweifel, ob man diesen gerecht wird, sowie das dazugehörige Imposter-Syndrom, sind treue Begleiter auf vielen Ebenen.

Die Berufung zum Juniorprofessor für Translationale Medizin mit Tenure Track ist sicherlich vor diesem Hintergrund einer der bedeutendsten Momente in meinem Leben und des Jahres 2023. Sie ist eine Bestätigung und zugleich Würdigung all der Arbeit, welche meinen Weg in den letzten Jahren geprägt hat. Die unzähligen Stunden in der Lehre und im Labor, deren Zwischenräume mit Antragstellungen gefüllt waren, die Kämpfe mit Gutachtern und Bangen um Vertragsverlängerungen, haben mit ihren Resultaten die Berufungskommission überzeugen können. Diese besteht aus erfahrenen und etablierten Kollegen, welche einschätzen, ob man den Anforderungen einer Professur gewachsen sein wird. Das durchweg positive Feedback und die Top-Platzierung auf der Kandidatenliste im Rahmen des Verfahrens waren eine essentielle Rückmeldung für meine bisherige und weitere Laufbahn.

"Es fühlt sich an wie ein Meilenstein. Umso mehr, weil meine Eltern nicht stolzer sein könnten. Sie kamen 1980 als Flüchtlinge nach Deutschland, um uns eine Zukunft abseits der Folgen des Vietnamkriegs zu ermöglichen."

Die unzähligen Nachrichten voller aufrichtiger Freude und Unterstützung nach Veröffentlichung der Nachricht von Freunden und Kollegen war überwältigend, besonders von denen, welche mich bis hierhin begleitet hatten. Es fühlt sich an wie ein Meilenstein. Umso mehr, weil meine Eltern nicht stolzer sein könnten. Sie kamen 1980 als Flüchtlinge nach Deutschland, um uns eine Zukunft abseits der Folgen des Vietnamkriegs zu ermöglichen. Ohne Schulabschluss und mit harter Arbeit haben sie sich eine Existenz aufgebaut. Unsere Eltern haben meinem Bruder und mir mit auf den Weg gegeben, dass Fleiß und Bildung uns Türen in die Selbstbestimmung öffnen. Sie haben sich immer gewünscht, dass wir unseren Beitrag zur Gesellschaft leisten und als Vorbilder vorangehen. Mit der Professur hoffe ich nun genau das auf meine Art umsetzen zu können. Sie ist eine Möglichkeit einen Teil der Hilfe weiterzugeben, die ich durch Freunde, Kollegen und Mentoren erfahren durfte.

Wie wichtig wissenschaftliche Konferenzen sind

Baut man nun eine Nachwuchsgruppe auf, so sind die Er- und Ausarbeitung eines eigenen, wissenschaftlichen Profils essentiell. Es ist das Aushängeschild der eigenen Forschung in der Community. Mich beschäftigt häufig welche Themen uns voranbringen können, da die Zukunft meiner Doktoranden ebenso davon abhängt wie meine. Die meiste Erfahrung hatte ich auf dem Feld der T-Zell-Biologie gesammelt, im Kontext der Grundlagenforschung zu Autoimmunität und Entzündung. Stoffwechselprodukte des Mikrobioms haben eine zentrale Rolle gespielt und sollten es auch weiterhin, nun allerdings im Bereich der Tumortherapie mit chimären Antigen-Rezeptor (CAR)-T-Zellen. Ich habe lange daran gezweifelt, ob die Mikrobiom-CAR-T-Zell-Achse ein Themenfeld ist, das seine Berechtigung hat, zumindest mit unserem Fokus auf die mikrobiellen Metaboliten. Dies sollte sich durch einen Kongressbesuch in diesem Jahr ändern.

Das Europäische CAR-T-Zell-Meeting in Rotterdam hatte die Größen des Feldes versammelt. Darunter war Michel Sadelain, welcher zu den Gründervätern der CAR-T-Technologie zählt und mein Konzept bereits im Rahmen eines Vortrags betrachtet hatte. Ich entschied mich dazu ihn nach einem gemeinsamen Abendessen zu fragen, welches er gern annahm. Es war ein unglaublich inspirierender Abend, der mich nicht nur das CAR-T-Zell-Feld und dessen Entstehung besser verstehen gelehrt, sondern auch viel Zuversicht in unsere Ansätze gewinnen lassen hat. Mal diskutierten wir, mal habe ich einfach nur der Weisheit lauschen dürfen. Hätte man mir vor ein paar Jahren gesagt, dass ich mal mit einer Persönlichkeit wie ihm einen Moment teilen darf, hätte ich es sicherlich nur für Wunschdenken gehalten. Manchmal entstehen die nachhaltigsten Eindrücke und Ideen eben nicht am Konferenztisch, sondern bei einem stillen Wasser und niederländischem Matjes.

Beitragsserie "Was mich 2023 geprägt hat"

Dieser Artikel ist Teil der Beitragsserie "Was mich 2023 geprägt hat". Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler teilen für sie prägende Erlebnisse aus 2023 und was sie daraus für 2024 mitnehmen. Die Beiträge erscheinen zwischen dem 25. und 29. Dezember auf forschung-und-lehre.de.