Der Leiter des Instituts für Rechtsmedizin in Hamburg, Professor Klaus Püschel, in einem Sektionssaal des Instituts mit einem Arzt.
dpa

Rechtsmedizin
Alle obduzierten Corona-Toten hatten Vorerkrankungen

Erste Obduktionen an gestorbenen Corona-Patienten haben bei allen Vorerkrankungen offenbart. Sie litten vor allem an Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

22.04.2020

Obduktionen bei 65 gestorbenen Corona-Patienten durch den Hamburger Rechtsmediziner Professor Klaus Püschel haben ergeben, dass alle Vorerkrankungen hatten. 61 von ihnen seien an dem neuartigen Coronavirus, die übrigen vier mit dem Virus gestorben, berichteten am Dienstag NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf einen Bericht des Institutsleiters. Demnach litten die untersuchten Verstorbenen vor allem an Bluthochdruck, Herzinfarkten, Arteriosklerose oder Herzschwäche. In 46 Fällen hätten zudem Vorerkrankungen der Lunge vorgelegen, 28 hätten andere Organschäden, etwa an Nieren oder Leber, oder transplantierte Organe gehabt.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde hatte am 16. April gemeldet, dass nach Angaben des Instituts für Rechtsmedizin bis dahin 65 Menschen in der Hansestadt an Covid-19 gestorben seien. Bis zum Dienstag stieg diese Zahl auf 87. An keinem anderen deutschen Klinikum seien bisher annähernd so viele Covid-19-Verstorbene untersucht worden, heißt es in dem Medienbericht. Weltweit gebe es bisher nur wenige systematische Studien zu Obduktionen von Covid-19-Toten.

In Basel haben Forschende laut "Süddeutscher Zeitung" bereits 20 verstorbene Corona-Patienten obduziert. Nach Angaben von Professor Alexandar Tzankov, Leiter des Fachbereichs Autopsie am Uni-Spital in Basel, hätten alle Untersuchten – vorwiegend Männer – Bluthochdruck gehabt, ein Großteil sei auch deutlich übergewichtig gewesen. Mehr als zwei Drittel hätten vorgeschädigte Herzkranzgefäße aufgewiesen, ein Drittel sei an Diabetes erkrankt gewesen. Das geschädigte Lungengewebe der Verstorbenen habe laut Bericht bei den wenigsten Patienten eine Lungenentzündung gezeigt. Vielmehr hätten die Mediziner "eine schwere Störung der Mikrozirkulation der Lunge" beobachtet, wodurch der Sauerstoffaustausch in der Lunge nicht mehr funktioniert habe – unabhängig von der Beatmung.

Das Robert Koch-Institut (RKI) hatte im März zunächst empfohlen, wegen der Ansteckungsgefahr für die Medizinerinnen und Mediziner eine innere Leichenschau und andere Maßnahmen, bei denen winzige Tröpfchen produziert werden, zu vermeiden. RKI-Präsident Professor Lothar Wieler hatte dann aber Anfang April betont, dass angesichts von Wissenslücken über die neue Erkrankung Obduktionen sehr wichtig seien. Auch die Deutsche Gesellschaft für Pathologie und der Bundesverband Deutscher Pathologen forderten bereits Anfang April in einer Mitteilung "möglichst zahlreiche Obduktionen von Corona-Verstorbenen". Die RWTH Aachen hat in der vergangenen Woche ein Register eingerichtet, das die Ergebnisse der Obduktionen bundesweit, möglichst im ganzen deutschsprachigen Raum, künftig gebündelt erfassen soll.

ckr/dpa